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Gründer

 
     
 
Sie nennen mich "Speckpater", heißt ein Buch von ihm. Der Prämonstratenserpater Werenfried van Straaten war zwar eine ba- rocke Persönlichkeit, der Name geht aber darauf zurück, daß er kurz nach dem Krieg damit angefangen hat, Geld und dauerhafte Nahrung, Speck eben, für die 14 Millionen deutschen Flüchtlinge aus dem Osten zu sammeln. Und zwar bei den ehemals von den Deutschen unterjochten Völkern in Belgien und Holland. "Wir mußten diesen Menschen neue Hoffnung geben, nach all dem Hass sah ich meine dringlichste Aufgabe darin, die Liebe in Europa wiederherzustellen." Er tat es wie immer in den folgenden Jahrzehnten mit Worten und Aktionen. Er sammelt Kleider und Nahrung, baut 35 fahrende Kirchen (Kapellenwagen) und fährt damit von Dorf zu Dorf. Er veranstalt
et Kongresse, lädt Lastwagen voll Speck, predigt in ganz Europa, hält seinen Millionenhut hin, mobilisiert junge Leute in einem Bauorden, zieht Häuser für die Flüchtlinge hoch.

Insgesamt sammelt er in den fünf Jahrzehnten mehr als drei Milliarden Dollar. "Bettler Gottes nennen sie mich auch", sagt er, "aber ich bettle nicht nur um Geld, ich bettle um Gebet und Barmherzigkeit. Ich frage nicht: Was können wir tun, sondern was müssen wir tun?" Leute wie er überleben sich selbst. Am 31. Januar starb er im Alter von 90 Jahren in Königstein, wo das von ihm 1947 gegründete Hilfswerk "Kirche in Not/Ostpriesterhilfe" seine Zentrale hat.

Seit 1984 ist das Werk eine gesamtkirchliche Vereinigung päpstlichen Rechts. Es ist, wie er oft sagte, "eine Geschichte der Liebe Gottes zu den Menschen". Gott sei "viel besser als wir denken." Mit Nachdruck sagte er das und pflegte hinzuzufügen: "Aber auch der Mensch ist besser als wir denken." Er hat die Hoffnung auf Gott und auf den Menschen nie aufgegeben - auch in der größten Not nicht.

In Brasilien entfaltete er ein Hilfsprogramm mit Radioschulen und Notwohnungen, für die unwegsamen Gebiete Amazoniens kaufte er 300 ausrangierte aber funktionsfähige und robuste Laster der schweizer Armee ("Kriegsfahrzeuge im Dienst der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit"), seit fünf Jahren unterstützt sein Werk die Farmen der Hoffnung, Bauernhöfe, auf denen Drogenabhängige durch harte Arbeit und den Versuch, das Evangelium zu leben, einen neuen Sinn für ihr Leben entdecken - mit einer in Europa unvorstellbaren Rückfallquote von nur 15 Prozent, weshalb es auch schon einen Ableger gibt, Gut Neuhof bei Berlin. Ähnlich in Afrika, Nahost, Osteuropa und Asien. Er unterstützt den Bau von Kirchen, finanziert Autos und Fahrräder für die Seelsorge auf Rädern, bringt die Kinderbibel heraus - mittlerweile in mehr als 110 Sprachen mit einer Gesamtauflage von 35 Millionen. "Unser Werk ist vor allem ein Werk der Nächstenliebe: Konkrete Taten vollbringen, in Not zu Hilfe kommen, eine Nächstenliebe mit Henkel, zum Anfassen" - so definierte er die Aufgabe des Hilfswerks. Als der Eiserne Vorhang Europa durchtrennte, wuchs die Not der Christen in den kommunistischen Diktaturen. Werenfried fand Wege, die Trennung zu überwinden.

Er besuchte die Zeugen des Martyriums in Ungarn und Polen oder brachte sie in den Westen, denn dort glaubten Politik und Medien nur selten, was im Osten geschah. Nicht selten wurde er wegen seiner Kompromißlosigkeit gegenüber den Kommunisten als "kalter Krieger" oder "weltfremder Narr" geschmäht. Es tat ihm weh aber seinem Werk keinen Abbruch. Er bettelte und sein Millionenhut füllte sich immer. Schon in den fünfziger Jahren wurde Europa zu klein für die Tatenkraft des Bettlers für Gott. Er ging nach Indien, "entdeckte" Mutter Theresa und ihre Sterbehäuser und machte sie in Europa bekannt. Er half ihr zeitlebens. Er ging nach Lateinamerika, baute Kirchen, Klöster und Seminare, unterstützte aktive und kontemplative Schwestern, motorisierte Amazonien. Er ging nach Afrika und gründete den Orden der Töchter der Auferstehung.

Er ging nach Rußland und brachte in schwimmenden Kirchen auf Wolga und Don die Sakramente in geistliche Wüsten, wo jahrzehntelang kein Priester war. Sein Werk ist heute in mehr als 140 Ländern tätig, in 16 Ländern gibt es nationale Niederlassungen. Rund zehntausend Anträge werden jährlich in Königstein geprüft und bearbeitet. Das Spendenvolumen (mittlerweile bei gut 75 Millionen Euro pro Jahr) ist nicht gesunken, obwohl internationale Hilfswerke es seit Jahren recht schwer haben.

Die Treue der rund 600.000 regelmäßigen "Wohltäter" - so werden die Spender intern genannt - ist ungebrochen. Und es sind keineswegs nur ältere Menschen. Die zahlreichen Leserbriefe lesen sich wie ein Querschnitt durch die Gesellschaft der Gläubigen. Es ist eine Art Gemeinde, die Werenfried über das Bulletin "Echo der Liebe" in sieben Sprachen mit Informationen zu den Hilfsprojekten, aber auch mit geistlichen Anregungen versorgte.
 
     
     
 
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