|
Berlin und Brandenburg sind im Fieber, huldigen mit rund 1000 Veranstaltungen dem Schöpfer der "Wanderungen durch die Mark Brandenburg", dessen Beschreibungen der Welt auch vor dem Fall der Mauer Zugang in diese Region verschafften, wenn auch nur vor dem geistigen Auge.
Im Fontane-Jahr hat Otto von Bismarck , dessen Todestag sich ebenfalls 1998 zum 100. Male jährt, da eindeutig das Nachsehen. Preußens zweifellos größten Erzähler zu preisen, fällt leichter, als einen, dem Zeitgeist unliebsamen, Reichsgründer zu feiern. Als "Schwefelgelber" ist dieser bei den Festakten zwar allgegenwärtig, aber nur "flüchtig im Gespräch berührt", ganz so, wie Theodor Fontane es für seine Berliner Romane reklamierte. Dann etwa, wenn auf das Verhältnis des Romanciers zu Bismarck angespielt wird.
Dies war Wandlungen unterzogen, mal schwärmerisch, dann wieder kritisch, nie aber ablehnend, obwohl sich der Dichter auch zuweilen über Kleinlichkeit und fehlenden Edelmut des Reichsgründers mokierte.
Als Journalist der "Kreuzzeitung" und historischer Schriftsteller der Einigungskriege hat Fontane die Politik des preußischen Ministerpräsidenten und deutschen Kanzlers bewundernd mit der Feder begleitet. An dem "gewaltigen Mann" konnte und wollte er nicht vorbeisehen, und hat dazu immer wieder auch die herrische Natur des "Genies" in Zusammenhang mit politischer Notwendigkeit gesehen: So notierte er im März 1881, als Bismarck den preußischen Innenminister Botho Graf zu Eulenburg zum Rücktritt zwang: "Der Kanzler ist ein Despot; aber er darf es sein, er muß es sein. Wär’ er es nicht, wär’ er ein parlamentarisches Ideal, das sich durch das Dümmste, was es gibt, durch Majoritäten, bestimmen ließe, so hätten wir überhaupt noch keinen Kanzler und am wenigsten ein Deutsches Reich."
In seiner Nüchternheit überrascht demgegenüber der Brief an den Chefredakteur der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", Emil Friedrich Pindter, vom 26. Februar 1891, in dem Fontane ihm für das arrangierte Treffen mit Bismarck an einem der Vorabende dankte: "Interessant" sei die Begegnung mit dem Reichsbaumeister gewesen – keinerlei Überschwang tönt aus den Zeilen, wie er doch nach dem bilanzierenden Bekenntnis zum Maiauftakt des Jahres 1890 eigentlich zu erwarten gewesen wäre: "Bismarck hat keinen größeren Anschwärmer gehabt als mich."
|
|