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Die Deutschen haben sich daran gewöhnt, bei einem Vergleich mit Polen ihren Staat, ihre Kultur und ihre Wirtschaft mit Begriffen wie Stabilität, Ordnung und Fleiß zu beschreiben. Die deutsche Stabilität konnte man besonders augenfällig im Währungsverhältnis von Mark zu Zloty beobachten. Seit Jahrzehnten war die Mark relativ stabil, während der Zloty stets an Wert verlor.
Doch damit ist es nun seit rund zwei Jahren vorbei. Der Zloty hat im letzten Jahr zu einem ungeahnten Höhenflug angesetzt. Der Kursgewinn im Verhältnis zur Mark bereitet Polens Händlern im Oder-Neiße-Gebiet sogar Sorgen. Nach einem Pressebericht überqueren immer weniger Deutsche die Flüsse, um einzukaufen. Im vergangenen Jahr seien 153 Millionen Besucher an den Übergängen gezählt worden, berichtete die Zeitung "Gazeta Wyborcza" in ihrer Regionalausgabe aus Landsberg an der Warthe. Das sei ein Rückgang um 16,5 Millionen im Vergleich zum Vorjahr.
In diesem Jahr sei zwar ein allmählicher Anstieg der Besucherzahlen zu verzeichnen, doch liege er noch deutlich unter demjenigen früherer Jahre. In der Region Lebuser Land, in der viele Händler und Dienstleister auf die Kunden von jenseits setzen, wird diese Tendenz mit Besorgnis beobachtet. Nach wie vor gefragt bei deutschen Besuchern seien polnische Lebensmittel, berichtete Roma Fedak vom Amt für Statistik in Grünberg. Obst und Gemüse von polnischen Bauern gelten bei deutschen Kunden als preiswert und schmackhaft.
Autowerkstätten, Zahntechniker und Friseure in der Grenzregion könnten dagegen immer weniger Deutsche anlocken. Ihre polnischen Kunden reichen aber häufig für die Existenz nicht mehr aus. So gibt es allein im östlichen Teil von Frankfurt (Oder) 70 Friseur-Salons, die auf deutsche Kundschaft bauen.
Als weitere Ursache für den Besucherschwund gilt außer dem starken Zloty der Anstieg der Benzinpreise. Während in den neunziger Jahren der Liter Sprit in Polen etwa 45 bis 50 Pfennig billiger als in Deutschland war, so kostet der Liter Normalbenzin heute umgerechnet 1,98 Mark und ist damit fast so teuer wie in Deutschland.
Die Ursache für den Höhenflug des Zloty hat einen Namen: Euro. Die Polen wollen dieses Kunstprodukt nicht, was ja nicht überraschen dürfte, da selbst im bisherigen EU-Bereich kaum einer den Euro will von Helmut Kohl und der Hochfinanz abgesehen. Und da die Polen selbstverständlich wissen, daß auch über 70 Prozent der Deutschen dem DM-Nachfolger Euro mißtrauen, geht man in Warschau auf "Nummer Sicher": Raus aus der Mark, rein in den Zloty.
Vielleicht erinnert sich mancher Reisende noch an die achtziger Jahre und die Wende in Europa. Während des Kalten Krieges hatte der Zloty geradezu inflationär an Wert verloren vergleichbar mit der italienischen Lira. 1989/90 bekam man für 100 Mark 680 000 Zloty. Anfang der neunziger Jahre wurde die polnische Währung reformiert: Der neue Zloty startete zunächst mit einem Kursverhältnis von einer Deutschen Mark zu rund 1,3 Zloty.
Doch in den neunziger Jahren galt auch nach dieser Reform der alte Grundsatz: die stabile Mark und der schwache Zloty. Die polnische Währung verlor an Wert, so daß man in den Wechselstuben bald 1,5, bald 1,8 und bald 1,9 Zloty erhielt. In der Spitze bekam man 1997 sogar rund 2,1 Zloty.
Doch seitdem gehts rückwärts. Die Marken von 1,9 und 1,8 wurden nach unten durchbrochen. Für allgemeines Aufsehen sorgte der Zloty, als er jetzt im Frühjahr sogar die Marke von 1,7 nahm. Seitdem macht die Meldung vom "Höhenflug" des Zloty bei den europäischen Währungshändlern und Spekulanten die Runde. Und ein Ende ist nicht abzusehen vielleicht stehen die Währungen ja bald 1 zu 1?
So sorgt die Deutsche Mark am Ende ihrer hundertjährigen Geschichte immer wieder für Überraschungen allerdings unangenehme. Und Altkanzler Helmut Kohl müßte eigentlich auch dafür einen weiteren Platz im Geschichtsbuch erhalten. Er hat es mit seiner Euro-Strategie geschafft, daß erstmals die deutsche Währung als Zeichen der Instabilität gilt und der polnischeZloty als sicherer Hafen.
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