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Hindenburg im Visier der Linken

 
     
 
Zur Geschichtspolitik gehört es, historische Ereignisse und persönliche Beispiele zu unterdrücken, die der heutigen politischen Korrektheit entgegen stehen. So werden denn munter Straßen umbenannt, Denkmale beschmiert, geschleift und durch andere ersetzt, Ehrenbürger aus den Listen der Städte gestrichen. In Berlin und Potsdam will man den immer noch als Ehrenbürger geltenden Generalfeldmarschall
und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg ans Leder. Während in der Hauptstadt Brandenburgs die Linken ihren Antrag damit begründen, man könne nicht feststellen, daß sich der damalige Reichspräsident besondere Verdienste um Potsdam erworben habe, sind die Berliner Grünen und die PDS deutlicher. Sie nehmen es dem Hindenburg übel, daß er, wenn auch nach langem Zögern, 1933 Hitler als Vorsitzenden der stärksten Partei Deutschlands, der NSDAP, mit der Regierungsbildung beauftragt hatte.

Nun muß solche Diskriminierung Hindenburgs besonders die Ostdeutschland treffen, ist und war doch Hindenburg gerade in Ostdeutschland eine der am meisten verehrten Persönlichkeiten der jüngeren Geschichte. Er galt zu Recht als der "Retter Ostdeutschlands", als er Ende August 1914 in der Tannenberg-Schlacht die weit überlegenen russischen Kräfte schlug, die bereits weite Teile Ostdeutschlands besetzt hatten. So konnte die vor den Russen geflohene Bevölkerung wieder in ihre Heimatorte zurückkehren.

Als sich im Herbst 1918 nach dem Zusammenbruch der Front überall im Deutschen Reich Auflösungserscheinungen bemerkbar machten und die Linksradikalen die Zeit für gekommen hielten, durch einen Bürgerkrieg unter der Führung von Liebknecht und Luxemburg Deutschland in eine Räterepublik nach sowjetischem Muster umzuwandeln, war es Hindenburg, der als Chef der Obersten Heeresleitung der neuen Reichsregierung unter Reichskanzler Friedrich Ebert das Heer zur Verfügung stellte, um die Ordnung im Lande wieder herzustellen. Ebert übermittelte dem Feldmarschall den "aufrichtigen Dank" der Regierung. Es waren dann die von der Reichsregierung aufgestellten Freikorps, die die Spartakisten niederkämpften und die Bildung einer parlamentarischen Demokratie erst ermöglichten. Als diese Aufgabe erfüllt war, zog sich Hindenburg ins Privatleben zurück, eine Persönlichkeit, die über Parteigrenzen hinweg die Verehrung der Deutschen genoß.

Allerdings wird er 1925 als 77jähriger aus dem Ruhestand gerissen, als der erste Reichspräsident Friedrich Ebert stirbt und man nach einer Persönlichkeit Ausschau hält, die an seine Stelle treten kann, ohne der Parteilichkeit geziehen zu werden. Nach langem Drängen der Rechts- und Mitterechts-Parteien erklärt sich Hindenburg endlich bereit, im 2. Wahlgang für den "Reichsblock" anzutreten mit dem erklärten Ziel, "dem deutschen Volk wieder die Grundlage wirtschaftlicher und politischer Lebensfähigkeit zu verschaffen. Ohne die Wiederherstellung des deutschen Ansehens in der Welt ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Ansehen in der Welt wird jedoch nur der erwerben, der sich selbst und sein Volk achtet. Vertrauen wird nur der gewinnen, der sich selbst vertraut," so Paul von Hindenburg vor der Wahl. Ihm gibt die Mehrheit der Wähler ihre Stimme.

Hindenburg bekannte sich immer zu seiner konservativen Grundhaltung und hielt sich strikt - das wird ihm auch von seinen Kritikern bescheinigt - an die Verfassung. Als sieben Jahre später seine Amtszeit ablief, waren es SPD, Zentrum und die linksliberale Staatspartei, die ihn baten, als ihr Kandidat in die Wiederwahl zu gehen, weil sie fürchteten, daß niemand anders einen Wahlsieg Hitlers, der ebenfalls kandidierte, verhindern könne. Hindenburg folgte, obwohl schon 84 Jahre alt, dem Drängen. 19,3 Millionen Deutsche wählten ihn, 13,4 Millionen gaben Hitler ihre Stimme, 5 Millionen dem kommunistischen Kandidaten Thälmann.

In jener Zeit war die Weimarer Republik bereits am Ende, und das nicht etwa durch die Schuld des Reichspräsidenten, sondern durch das Versagen der sie tragenden Parteien. Tiefpunkt der Verantwortungslosigkeit jener Parteien war der 27. März 1930, fünf Monate nach dem "schwarzen Freitag", der die Weltwirtschaftskrise einläutete. Die Staatsfinanzen waren zerrüttet, die Zahl der Arbeitslosen stieg rapide, die Siegermächte preßten Deutschland mit Hilfe unermeßlicher Reparationszahlungen aus. Die Regierungskoalition von SPD, katholi- schem Zentrum und den beiden liberalen Parteien löste sich auf, weil die SPD glaubte, es sei für sie günstiger, in den kommenden kritischen Zeiten in der Opposition zu stehen. Es fanden sich in den nächsten Jahren im Reichstag keine regierungsfähigen Mehrheiten. Das Reich schlidderte in die Katastrophe. Es konnte nur noch regiert werden mit Hilfe des in der Weimarer Verfassung vorgesehenen Artikels 48, der es einer vom Vertrauen des Reichspräsidenten getragenen Minderheitsregierung ermöglichte, Gesetze auch ohne Zustimmung des Reichstages in Kraft zu setzen, eine Regelung, die Hindenburgs Vorgänger Ebert 136 Mal genutzt hatte. Eine Regierung löste die nächste ab. Keiner gelang es, den Niedergang des Landes zu stoppen. Der Bürgerkrieg rückte in bedrohliche Nähe.

Der zeitweilige Reichskanzler von Papen schlug dem Reichspräsidenten vor, den Reichstag zu beurlauben und eine neue Verfassung ausarbeiten zu lassen mit dem Ziel, die offenbar nicht mehr funktionsfähige parlamentarische Demokratie abzuschaffen. Gegen die NSDAP, die zur stärksten Partei geworden war, wollte er die Reichswehr einsetzen. Hindenburg ließ sich auf den Verfassungsbruch nicht ein. Der folgende Reichskanzler von Schleicher versuchte, die NSDAP zu spalten, um mit deren linkem Flügel, den Gewerkschaften und der SPD eine Reichsregierung zu bilden. Zwar war Gewerkschaftsführer Leipart dazu bereit, die SPD aber weigerte sich, mit dem "reaktionären General" von Schleicher zusammenzuarbeiten. Als Schleicher am 23. Januar 1933 dem Reichspräsidenten vorschlug, den Reichstag aufzulösen und mit Hilfe der Reichswehr zu regieren, die die NSDAP und die KPD, niederhalten sollte, war die Weimarer Demokratie am Ende. Mit einer Militärregierung wollte Hindenburg nichts zu tun haben. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Führer der stärksten Partei, Adolf Hitler, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Das geschah am 30. Januar 1933. Nach fast drei Jahren hatte Deutschland wieder eine Regierung, die sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützen konnte. Heute dem Reichspräsidenten vorzuwerfen, er hätte vorhersehen müssen, wie sich diese Regierung, die nur drei Nationalsozialisten aufwies, entwickeln würde, ist unrealistisch, ja demagogisch.
 
     
     
 
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