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Endlich kommen die Bagger

 
     
 
Am 6. Oktober wurde der erste Spatenstich für die neue US-Botschaft am Pariser Platz in Berlin gefeiert. Inzwischen sind die Schachtarbeiten im vollen Gange. Alle Beteiligten sind froh, daß das Gezerre um das Gebäude, das durch den rigiden Sicherheitsbedarf der Amerikaner ausgelöst wurde, ein Ende hat.

Der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), sonst nicht gerade für emotionale Aufwallungen bekannt, hatte sich seinerzeit zur der Äußerung hinreißen lassen, es wäre am besten, wenn die USA eine McDonalds-Filiale errichteten. Ursprünglich hatten die Amerikaner eine "Botschaft zum Anfassen" geplant, gaben dieses Konzept wegen der Terrorgefahr aber rasch auf. Die derzeitige Botschaft in der Neustädtischen Kirchstraße in Berlin-Mitte
gleicht einer abgeschirmten Festung.

Das neue, kompakte Gebäude am Brandenburger Tor soll von einem bis zu 2,50 Meter hohen Zaun und von festen und versenkbaren Pollern geschützt werden. Zum Pariser Platz hin wird es ein durchbruchsicheres Gitter und Polizeikontrollen geben. Für einen zusätzlichen, insgesamt 25 Meter breiten Sicherheitsstreifen mußte sogar eine Straße verlegt werden. Die neue US-Botschaft tritt an die Stelle des im Krieg zerstörten und 1957 abgerissenen Palais Blücher, das die USA 1931 für 1,8 Millionen Reichsmark erworben hatten.

Der Name verwies auf seinen alten Besitzer, den Feldmarschall Gebhard Leberecht Blücher ("Marschall Vorwärts"), der das Palais vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. als Geschenk erhalten hatte. Kurz nachdem die Amerikaner das Gebäude erworben hatten, geriet es in Brand. Die Sanierung zog sich hin. Das hatte außer finanziellen auch politische Gründe. US-Präsident Roosevelt war das nationalsozialistische Deutschland zutiefst unsympathisch. Diese Abneigung spiegelt sich auch in den Tagebüchern seines Botschafters William E. Dodd wider, den Roosevelt selber ausgewählt hatte und der bis 1937 amtierte. Dodd, ein Liberaler und von Beruf Historiker, war 1900 in Leipzig als Doktor der Philosophie promoviert worden. Seine Tochter Martha hingegen konnte sich für schneidige SS- und SA-Männer begeistern. Sie soll sie gleich reihenweise konsumiert haben. Dann verliebte sie sich in einen jungen russischen Botschaftssekretär, für den sie auch Spionageaufträge übernahm. Ihre Spitzeleien setzte sie in den USA fort. Als ihr in den 50er Jahren der Prozeß gemacht werden sollte, floh sie nach Prag, wo sie 1990 starb.

Dodds Nachfolger Hugh Robert Wilson wurde nach den antijüdischen Ausschreitungen vom 9. November 1938 zur Berichterstattung nach Washington zurückgerufen. Nominell blieb er bis Januar 1940 auf dem Posten, kehrte aber nicht mehr nach Berlin zurück. Danach wurde die US-Vertretung nur noch von Geschäftsträgern geführt. Erst im April 1939 wurde das Blücher-Palais bezogen. Zu dieser Zeit begannen die deutsch-amerikanischen Beziehungen dem Gefrierpunkt zuzustreben. 1940 schlugen im Garten englische Fliegerbomben ein. Am 11. Dezember 1941 endeten die diplomatischen Beziehungen durch Hitlers Kriegserklärung an die USA, das Haus wurde geschlossen. Eine Chance, zum Zentrum geselligen Diplomatenlebens zu werden, hatte es nie gehabt.

1993 wurde hier eine Erinnerungstafel enthüllt. Die US-Regierung erklärte ihre Absicht, daß sie an den prominenten Standort zurückkehren wolle. Zu den vehementesten Verfechtern zählte der damalige Botschafter John Kornblum. Der legendäre Satz, den US-Präsident Ronald Reagan 1987 am Brandenburger Tor ausgerufen hatte: "Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor!", war in Wahrheit von ihm. Kornblum hat deutsch-jüdische Vorfahren, die aus Ostdeutschland stammen.

Auf dem Dach der neuen Botschaft soll ein gläserner Konferenzsaal installiert werden, der bei Dunkelheit beleuchtet ist. Damit soll dem Gebäude ein wenig von seiner befürchteten Schwere genommen werden. Die Botschaft enthält die Büroräume und die Kanzlei für den Publikumsverkehr. Die Residenz des US-Botschafters befindet sich in Dahlem.

Befürchtete Schwere: Zwischen Pariser Platz (oben rechts) und den 2.700 Stelen des Holocaustmahnmals (vorn) entsteht die neue US-Botschaft in Berlin 
 
     
     
 
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