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Während viele deutsche Vertriebene auf die Verwirklichung ihres Rechtes auf ihre Heimat und auf eine Rückkehr in ihre Wohnstätten warten, setzen mitteldeutsche Kommunalpolitiker ganz neue Zeichen. Sie setzen sich dafür ein, daß noch vor dem EU-Beitritt Polens die Oder-Neiße-Grenze durchlässiger wird und man mit staatlicher Förderung auf der anderen Seite eine Wohnung nehmen darf. Dabei denken sie allerdings nicht an deutsche Vertriebene, sondern sie wollen Polen nach Deutschland holen.
Einer der Wortführer ist der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), Martin Patzelt (CDU). Er sprach bei einer Diskussionsrunde sogar mit Begeisterung von der Vision, einmal eine Stadt verwalten zu können, in der 80 Prozent der Einwohner Polen sind.
Diese Nachricht hat natürlich für Empörung und Aufsehen gesorgt. Empörung bei den Heimatvertriebenen und den Einwohnern Frankfurts. Sogar SPD und PDS spotten über den geplanten Bevölkerung saustausch. Der Spiegel berichtet unter der richtungsweisenden Überschrift "Erste Bresche" über die Frankfurter Transferpläne und ließ sich von Patzelt seine 80-Prozent-Vision bestätigen.
Der OB verweist darauf, daß die Stadt in den vergangenen Jahren viele Einwohner verloren habe und derzeit 6500 Wohnungen leerstehen. Seit 1990 schrumpfte die Einwohnerzahl der einstigen Bezirksstadt von 87 000 auf derzeit 67 000. Tendenz: Weiter stark fallend.
Doch wenn Martin Patzelt und seine Mitstreiter in der märkischen Union ihre Pläne umsetzen wollen, so stoßen sie auf viele Probleme: Derzeit ist ein solcher tausendfacher Zuzug nach Deutschland gesetzlich nicht möglich. Patzelt strebt daher beim Landesinnenministerium eine Ausnahmegenehmigung an. Das nächste Problem ist die Miete. Denn selbst wenn die neuen polnischen Familien alle bundesdeutschen Mietkostenzuschüsse erhalten würden, wäre die Miete immer noch unerschwinglich hoch für einen polnischen Arbeitnehmer.
Doch auch hier entwickeln die Kommunalpolitiker plötzlich lauter Ideen. Zum Vergleich: Bei der Rückführung der deutschen Heimatvertriebenen sind diese Kommunalpolitiker völlig ideenlos und desinteressiert. Nun aber wollen Martin Patzelt und seine Mitstreiter allen Ernstes europäische Fördergelder einwerben.
Ryszard Bodziacki, Bürgermeister der polnischen Grenzstadt Slubice, und Martin Patzelt, haben in Brüssel bei Europapolitikern und Europabeamten Unterstützung für das Projekt eingefordert, Wohnungen in Frankfurt (Oder) an Polen zu vermieten. Wenn die notwendigen städtischen Aufenthaltsgenehmigungen nach der EU-Osterweiterung möglich sind, wollen Bodziacki und Patzelt in Brüssel europäische Fördermittel lockermachen, damit die Mieten in Frankfurt (Oder) auch für polnische Familien erschwinglich werden.
Die meisten Frankfurter sind überrascht, wie intensiv sich Martin Patzelt, der im Februar 2002 die Stichwahl zum Amt des Oberbürgermeister gegen einen PDS-Kandidaten gewonnen hatte, sich für das Thema Ansiedlung von Polen engagiert. Viele Frankfurter fragen sich, warum sie denn noch Miete zahlen sollen, wenn die Polen alles umsonst bekommen.
Martin Patzelt versichert dazu, dass die Stadt denn Transfer nicht bezahlen werde. "Aber: Aus europäischer Sicht ist es doch kostengünstiger, vorhandenen Wohnraum zu nutzen, als neuen Wohnraum zu bauen. Und ausreichender Wohnraum muss für die Polen geschaffen werden, wenn es gelingen soll, die Lebensverhältnisse in der Europäischen Union anzugleichen‰ Patzelt verweist ferner darauf, dass er ja nicht alleine so argumentiere. "Als Stadtverwaltung sind wir derzeit im Gespräch mit den Städten Guben, Zittau und Görlitz, in denen es eine ähnliche Situation gibt. Gemeinsam werden wir uns dafür einsetzen, den Wohnungsmarkt in Grenzstädten für Polen vorzeitig zu öffnen. Es ist jetzt vor allem eine wirtschaftliche Frage, nachdem geklärt ist, dass wir Aufenthaltsgenehmigungen unter bestimmten Auflagen ausstellen dürfen‰.
Man darf sich als Beobachter aber nicht täuschen lassen, Patzelt und Konsorten geht es nicht nur um die rein sachliche Lösung des Problems des Wohnungsleerstandes. Auffallend ist, wie freundlich er stets gegenüber den Polen und wie desinteressiert er gegenüber den deutschen Heimatvertriebenen auftritt. Nachdem er sich mehrfach deutlich ablehnend über das Recht der Vertriebenen auf die Heimat geäußert hatte, wurde er von Teilen der Freundeskreis Mark Brandenburg scharf kritisiert.
Wenn deutsche und polnische Politiker von Toleranz, Freiheit und Begegnungen sprechen, so dürfen diese Sätze nicht falsch eingeordnet werden. Gemeint ist stets, dass die Deutschen tolerant mit dem Zuzug der Polen nach Deutschland umgehen sollen. Gemeint ist mit Toleranz und Freiheit nicht, dass die deutschen Vertrieben in ihre Geburtsort heimkehren dürfen.
Auch der CDU-Politiker Patzelt argumentierte in einer eigens zu diesem Thema herausgebebenen Pressemitteilung vom Februar 2003 beim ŽRecht auf Heimat" so: "Die Menschen im heutigen Westpolen seien ebenso Vertriebene wie die von dort vertriebenen deutschen Landsleute. Ein Zurückdrehen des Rades der Geschichte würde neuerliches Leid und Elend verursachen‰, behauptet Patzelt.
Voller Spott fügt er an: "Die deutschen Vertriebenen hätten mittlerweile ihre damals neue Heimat zur anerkannten Heimat gemacht.‰ Mit anderen Worten: Die aus Pommern und Schlesien vertriebenen Deutschen können sich freuen, dass sie ihr neue Wohnung in Dresden und Wuppertal behalten können und dort ihr Heimatrecht haben. Auch innerhalb der Union ist Martin Patzelt mit seiner Politik nicht unumstritten. Viele CDU-Anhänger haben angekündigt, bei der bevorstehenden Kommunalwahl in Brandenburg am 26. Oktober nicht für Patzelt stimmen zu wollen. |
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