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Ihrer Zeit weit voraus Aus dem Leben und Wirken von Elisabet Boehm

 
     
 
In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal der Gründungstag des Landwirtschaftlichen Hausfrauenvereins durch Elisabet Boehm, geborene Steppuhn (1859–1943). Aus diesem Anlaß haben die Freundeskreis Ostdeutschland und die Stiftung Deutschlandhaus zu einer Festveranstaltung ins Berliner Deutschlandhaus (Sonnabend, 7. Februar, 15 Uhr, Jakob-Kaiser-Saal) geladen. Nach der Begrüßung der Gäste durch Dr. Wolfgang Schulz, Direktor des Deutschlandhauses, und Grußworten von Beate Hübner, Berliner Senat
orin für Gesundheit und Soziales, und Erika Steinbach, Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland, wird Hilde Michalski, Bundesvorsitzende des ostdeutschen Frauenkreises, über Leben und Wirken der aus Rastenburg stammenden Landfrau Elisabet Boehm sprechen. Eine Ausstellung über die Landfrauenbewegung wird bis 4. März im Haus an der Stresemannstraße zu sehen sein (täglich 14 bis 18 Uhr).

Nachstehend veröffentlichen wir Auszüge aus einem Text über Elisabet Boehm, den Ursel Burwinkel, LO-Frauenreferentin und Organisatorin der Berliner Veranstaltung, verfaßt hat:

Viele Menschen in Deutschland kennen ihr Lebenswerk, für das sie ihr Leben lang gekämpft und sich eingesetzt hat. Aber leider wird dieses Lebenswerk nicht mit Elisabet Boehm in Verbindung gebracht. Die Gutsfrau aus dem ostdeutschen Rastenburg gründete zusammen mit anderen Frauen ihres Kreises in Rastenburg am 2. Februar 1898 den Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein, den "Gluckenverein", wie er damals abschätzend und abwertend genannt wurde. Aber dieser Verein ist die Wurzel der Deutschen Landfrauenbewegung, die sich uns heute als Deutscher Landfrauenverband in Nachfolge darstellt und darüber hinaus zu einer weltumspannenden Bewegung wurde. Der Deutsche Landfrauenverband mit seinen mehr als 500 000 Mitgliedern ist heute zu einer bedeutenden Bewegung geworden und aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken.

Bei der Gründung des Landwirtschaftlichen Hausfrauenvereins vor 100 Jahren legte man folgende Arbeitsschwerpunkte fest:

– Vermehrung der Kenntnisse durch gegenseitige Belehrung, Vorträge und Lehrgänge auf allen Gebieten, die Hausfrauen angehen,

– Ausbildung der Töchter und Hilfskräfte,

– Hebung der Erzeugung in Gartenbau und Geflügelzucht bis zur Ausfuhrmöglichkeit und erleichterten Absatz,

– Überbrückung der Gegensätze zwischen Stadt und Land,

– Anerkennung aller hauswirtschaftlichen Arbeit als Berufsarbeit.

Viel Aufklärungsarbeit mußte zunächst geleistet werden, um alle Frauen im ländlichen Bereich von der Notwendigkeit zu überzeugen, zu ihrem eigenen Vorteil Mitglied im Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein zu werden. Die Saat fiel auf fruchtbaren Boden, die Landfrauenbewegung durchlief in den folgenden Jahren eine stürmische Entwicklung. Bereits 1905, also sieben Jahre nach der Gründung, gab es 14 Vereine, die sich zum ostdeutschen Landesverband zusammenschlossen; den Vorsitz hatte Elisabet Boehm inne.

Gründungen in Westpreußen und Schlesien folgten. 1913 schlossen sich weitere Provinzen an. Bereits 1916 konnte der Reichsbund Landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine unter dem Vorsitz von Elisabet Boehm (bis 1929) ins Leben gerufen werden. Bis 1920 war die Geschäftsführung des Verbandes in Königsberg angesiedelt, wurde dann aber nach Berlin verlegt. Als Emblem wählte man das Zeichen der Biene, das für die Qualität der angebotenen Waren sprach.

Mit ihrer Forderung nach einer Berufsausbildung für die Landfrauen war Elisabet Boehm ihrer Zeit voraus. So gründete sie 1912 die erste Landwirtschaftliche Frauenschule Metgethen bei Königsberg, nach dem Vorbild der wirtschaftlichen Frauenschulen von Ida von Kortzfleisch.

Elisabet Boehm hatte von Anfang an versucht, engen Anschluß an die Selbsthilfeorganisation der Bauern, an die Landwirtschaftskammern zu finden. Das gelang ihr auch, dank der Fürsprache eines weitsichtigen Beamten in Berlin. Ab 1920 wurden an allen Landwirtschaftskammern Frauenreferate eingerichtet, die das Ausbildungswesen in geregelte Bahnen lenkten und ihm so großen Auftrieb verliehen.

In mehr als 20 Jahren intensiver Arbeit und ständigen Strebens hatte Elisabet Boehm ihr Ziel erreicht: eine Ausbildung der Landfrauen, eine geregelte Fortbildung und eine Anerkennung der Tätigkeit der Bäuerin als Beruf. Sie hatte zudem versucht, durch die Einrichtung der Verkaufsstellen der Bäuerin ein wirtschaftliches Standbein zu verschaffen, was ihr für den Bereich Ostdeutschland in großen Teilen gelungen ist.

Als 1933 der Landwirtschaftliche Hausfrauenverband in den Reichsnährstand überführt wurde, bestanden 25 Landes- und Provinzverbände und 2195 Kreis- und Ortsvereine, die vorzügliche Leistungen in der Hauswirtschaft, in Gartenbau, Geflügelhaltung, Milchwirtschaft, Ernährung, Vorratshaltung, Erziehung und Kultur erbrachten. Ursel Burwinkel

 
     
     
 
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