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Immer die polnische Position vertreten

 
     
 
Sie sei in Polen „persona non grata“, klagte die deutsche Journalistin Gabriele Lesser, seit zehn Jahren Warschau-Korrespondentin mehrerer deutschsprachiger Zeitungen und der ARD, kürzlich beim Tee in einem Warschauer Lokal einem deutschen Kollegen, der darüber in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ berichtete. Wenn sie irgendwo um ein Interview bitte, schlage man ihr die Tür vor der Nase zu, sobald man erfahre, daß sie auch für die Berliner „taz“ schreibe.

Jene am linken Rand operierende Tageszeitung hatte in einem satirischen Beitrag den polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski
mit einer Kartoffel verglichen, woraufhin der polnische Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski ein vereinbartes Treffen mit der Bundeskanzlerin Merkel absagte.

Im Laufe der Zeit entstand in den Köpfen führender polnischer Politiker und Journalisten die Schnapsidee, es handele sich bei der schnodderigen „taz“-Satire um den Teil einer gesamtdeutschen Medienverschwörung gegen Polen.

Und nun wird Gabriele Lesser von patriotischen Polen angerufen, die nichts anderes wissen, als „Heil Hitler!“ ins Telefon zu brüllen. Eine andere Anruferin erklärte befriedigt und natürlich anonym, ihr Bruder habe einen Deutschen zusammengeschlagen.

Über die ihr jetzt angetane Unbill ist Lesser erschüttert, denn sie habe es immer „gut gemeint“ mit den Polen. „Beim ,Zentrum gegen Vertreibung‘ (man beachte ihre Übernahme der polnischen Propaganda-Version; korrekt heißt es ,Zentrum gegen Vertreibungen‘) und der ,Preußischen Treuhand‘ habe ich immer die polnische Position vertreten und hatte deshalb sogar eine Klage von Erika Steinbach wegen eines Kommentars am Hals“, so Lesser. Ihr Gesprächspartner schloß daraus, sie habe sich auf diese Weise „wie die meisten Warschau-Korrespondenten“ um die deutsch-polnische Aussöhnung verdient gemacht.

Offenkundig gehört Lesser zu jener Gruppe, die die „FAZ“ ironisch schon mal die „Polenlobby“ genannt hat. Gab es bei einem Thema einen deutsch-polnischen Dissens, dann hat die deutsche Journalistin die Partei Polens ergriffen, auch wenn dabei die Wahrheit auf der Strecke blieb, eine Unart, die schon der deutsch-schweizerische Dichter Conrad Ferdinand Meyer vor 150 Jahren verfluchte: „Zum Teufel eine deutsche Libertät, die prahlerisch in Feindeslager steht!“

Anläßlich des 60. Jahrestages des Aufstandes der polnischen Heimat-Armee am 1. August 2004 konnte man in deutschen Zeitungen ihre heroischen Berichte über die teilweise in deutschen Uniformen, meist aber in Zivil kämpfenden Partisanen lesen, so etwa von „Wanda, die erst Anfang 16 war, als sie den ersten Deutschen erschoß“. Die von Gabriele Lesser kolportierten Verlustzahlen der polnischen Heimat-Armee wie auch von Zivilisten waren maßlos überhöht und widersprachen den in der wissenschaftlichen Literatur genannten.

Lesser beschwor schon die Gefahr, daß die deutschen Vertriebenen mit der Forderung nach einem „Zentrum gegen Vertreibungen“ „die deutsch-polnische Versöhnung der letzten Jahrzehnte zunichte gemacht“ hätten. Für die Polen sei eine solche Forderung „ein Rückfall der Deutschen in die Nazi-Diktion“.

Das also nennt eine in Warschau lebende deutsche Zeitungskorres-pondentin, sie habe „immer die polnische Position vertreten“.

Es ist eine nicht nur bei deutschen Journalisten, sondern ebenso unter Politikern verbreitete Fehleinschätzung, sie dienten der Verständigung, wenn sie die Positionen unserer Gegner einnehmen. Aus dieser Haltung heraus wurden vor 20 Jahren alle Forderungen, Bemühungen um die deutsche Wiedervereinigung zu verstärken, zurückgewiesen mit der Begründung, sie gefährdeten den Frieden. Genau das Gegenteil war und ist richtig.

Gabriele Lesser muß jetzt erfahren, daß ihre Liebedienerei den Polen gegenüber nichts einbringt.
 
     
     
 
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