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Die Deutschordensburg in Lochstädt befand sich auf dem schmalen Landstreifen der Frischen Nehrung, an der Stelle des ehemaligen Lochstädter Tiefs, des einzigen mittelalterlichen Durchstichs von der Ostsee in das Frische Haff. Diese exponierte Lage, weithin sichtbar für alle Schiffe, die nach Königsberg, Elbing oder Braunsberg fuhren, dürfte sicherlich dazu beigetragen haben, daß die Burg ein besonders repräsentatives Erscheinungsbild erhielt. Obwohl Lochstädt lediglich ein Pflegersitz war, wurde die Anlage in aufwendiger Weise nach dem Vorbild der großen Konventsburgen im Kastelltypus errichtet. Sie besaß zunächst drei Flügel mit Seitenlängen von 54 Metern und 48,4 Metern. Der Hauptbau im Süden hatte im Inneren die klassische dreiteilige Raumfolge.
Den architektonischen Höhepunkt bildete die Kapelle mit einem aufwendig gestalteten gestuften Portal in der Mauerstärke. Über dem Portal war eine Inschrift aus Buchstabensteinen angebracht: Gebendigit sind der Name Ihesv Christi. Das dreijochige Kapelleninnere zeigte elegante, ausgewogene Proportionen. Durch eine geschickt inszenierte Steigerung der dekorativen Elemente wurde der Blick des Betrachters auf das zentrale Chorfenster gelenkt, das sich in einer portalartig gerahmten Nische befand. Westlich der Kapelle folgte ein schmaler Querraum, vermutlich die Infirmierie, und daran anschließend der dreijochige Remter, über dessen Portal eine weitere deutsche Inschrift aus Buchstabensteinen angebracht war (Mase ist zu allen dingin gut). Die Architektur des Südflügels zeigte zahlreiche typologische und stilistische Beziehungen zum Hochschloß der Marienburg. Bemerkenswert war die Vielfalt der dekorativen Backsteinelemente: glasierte Formsteine, Buchstabensteine und Terrakottaplatten mit Rankenmotiven. Im Westflügel, errichtet um 1380, befand sich der Wohnbereich des Pflegers, bestehend aus einem kleinen Saal mit Mittelsäule, zwei gewölbten kleinen Kammern sowie einem Wohngemach mit Abtritt. Alle Räume waren mit Wandmalereien religiösen und weltlichen Inhalts versehen, die sich bis 1945 fast vollständig erhalten hatten.
Der Christburger Komtur Heinrich Stange landete 1251 mit einem großen Heer an der Stelle, an der später Lochstädt errichtet wurde. Die Burg, zunächst wohl ein hölzerner Bau, entstand bald nach 1264. Aus diesem Jahr ist eine Urkunde überliefert, in der Bischof Heinrich von Samland auf sein Drittel an Witlandesort (Lochstädt) verzichtet, weil der Deutsche Orden beabsichtigte, dort eine Burg zu errichten. Die Anlage der Burg sollte erfolgen, um den nach Preußen kommenden Schiffen eine sichere Ein- und Ausfahrt zu gewährleisten. Nach Angaben des Chronisten Peters von Dusburg erbaute der Orden während der Zeit des zweiten prußischen Aufstands die Burg Witlandesort, die man später nach dem Samländer "Laucstiete" Lochstädt nannte.
Die Burg diente auch als Sitz des Bernsteinamts und hatte damit eine wichtige wirtschaftliche Funktion, da der Deutsche Orden das Monopol des Bernsteinhandels besaß. Der Bernstein wurde in Lochstädt gesammelt, und anschließend nach Königsberg gebracht und verkauft.
Der prächtige Bau aus Backstein entstand in den Jahren zwischen 1280 und 1310. 1299 ist erstmals ein Pfleger in Lochstädt (Fridericus Bauwarus) urkundlich erwähnt. Um 1380 errichtete man den Westflügel mit den vornehmen Wohngemächern des Pflegers. Zwischen 1422 und 1429 war Lochstädt Internierungsort für den abgesetzten Hochmeister Heinrich von Plauen. Nach seiner Rehabilitierung 1429 wurde er zum dortigen Pfleger ernannt.
Durch königliche Anordnung erfolgte 1701 und 1705 der teilweise Abbruch der Burg zur Materialgewinnung für die Festung Pillau. Betroffen davon waren der Bergfried, der Nord- und Ostflügel sowie die oberen Bereiche des West- und Südflügels. 1937 gab es eine umfassende Restaurierung der Burg, bei der unter anderem der Kreuzgang rekonstruiert wurde und archäologische Grabungen im Bereich von Bergfried, Nord- und Ostflügel stattfanden. Auch wenn Lochstädt schon im frühen 18. Jahrhundert zum großen Teil abgetragen worden war, so gehörte der bis 1945 bestehende Bautorso zu den architektonisch bedeutendsten Denkmälern des Ordenslandes. Die restlose Zerstörung nach 1945 ist einer der schmerzhaftesten Verluste für die Architekturgeschichte Preußens.
Lochstädt befand sich auf der Frischen Nehrung, an der Straße zwischen Fischhausen und Pillau. Die ehemalige Burgstelle liegt im militärischen Sperrgebiet und ist für Touristen ohne besondere Genehmigung nicht zugänglich.
Aus: "Burgen im Ordensland - Deutschordens- und Bischofsburgen in Ost- und Westpreußen", Bergstadtverlag, Würzburg 2006, 160 Abb., 288 Seiten, 24,90 Euro.
Die Kapelle: Der architektonische Höhepunkt der Ordensburg |
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