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Für Straßennamen sind in Berlin die Bezirke zuständig. Am Mittwoch, den 26. Januar 2005, tagte daher im Berlin-Kreuzberg/Friedrichshain die Bezirksver-ordnetenversammlung, um über den schon im November 2004 von der PDS eingebrachten Antrag auf Umbenennung der traditionsreichen "Kochstraße" in "Rudi-Dutschke-Straße" zu beraten.
Angestoßen war diese Initiative auch von der linken Tageszeitung taz, die im Erfolgsfalle ihr Redaktionsgebäude werbewirksam in der "Rudi-Dutschke-Straße" hätte. Ein schwieriges Unterfangen wie sich bald zeigen sollte. Das entsprechende Landesgesetz läßt eine Umbenennung von Straßen nur bei national sozialistischen oder stalinistischen Hintergründen zu. Der bisherige Namenspatron "Koch" segnete aber noch zu einer Zeit das Zeitliche, als es ein Königreich Preußen gab. Zudem bevorzugt die Landesregierung die Vergabe von Frauennamen bei Straßenbenennungen, um die Stadtpläne "weiblicher" zu machen.
Die CDU-Fraktion lehnte den Antrag - erwartungsgemäß - ab, obwohl Dutschke sich mit dem konservativen Umweltschützer Herbert Gruhl gut verstanden hatte und das neueste Forschungsergebnis von Dutschkes Weggefährten Professor Bernd Rabehl auch gesamtdeutsche Aspekte seines Wirkens zutage gefördert hat. Dies wäre eigentlich ein Anknüpfungspunkt für die Christdemokraten gewesen.
Aber hier zeigt sich gewissermaßen, warum die CDU zwar gelegentlich gute Umfrageergebnisse, aber niemals die Meinungsführerschaft erringt. Solch geistige Auseinandersetzungen mit Tiefgang, wie die von Rabehl angezettelte, werden in der Merkelpartei nicht geführt. Immerhin bemerkte CDU-Frontmann Lars Meissner, es sei angemessen, ein Altersheim nach Dutschke zu benennen, weil die meisten 68er jetzt ins Rentenalter kämen. Schon skurriler hingegen der Einwand einer feministisch orientierten Grünen-Abgeordneten mit entsprechendem Bindestrich-Doppelnamen (Hauser-Japs): Sie sei gegen Dutschke, weil er eben ein Mann und keine Frau gewesen sei. Der PDS-Mann will ein Zeichen setzen - für Dutschke - und vergißt dabei, daß der spätere Studentenführer wenige Tage vor dem Mauerbau aus der Ostzone geflüchtet war.
Eine Gespensterdiskussion fürwahr. Schließlich findet die Versammlung den großen Konsens jenseits der Postkommunisten und Grünen. Berlin-Kreuzberg bekommt eine Dutschkestraße - irgendwann, irgendwo - und die Kochstraße bleibt Kochstraße. Davon hat dann allerdings die Tageszeitung nichts mehr.
Das Argument gegen Dutschke, er sei ein Mann und müsse daher hinter der erst noch zu erfüllenden Frauenquote zurückstehen, könnte andere große Bevölkerungsgruppen auf den Plan rufen, die auch ihren "proporzgerechten" Straßenschilderanteil einklagen. Neben dem Bezirksverordnetensaal von Kreuzberg liegt eine Filiale des Bestattungsfilialisten Grieneisen. Er wirbt in türkischer Sprache für islamische Bestattungen.
Noch lautet seine Adresse Yorckstraße. Mit dem großen Preußen indes können vermutlich weder die türkische Minderheit noch die meisten Bezirksverordneten viel anfangen. Warum sollten die Mitbürger aus dem nahen asiatischen Osten eines fernen Tages nicht über das kommunale Wahlrecht für Ausländer eine Umbenennung nach dem Sultan Suleiman dem Prächtigen durchsetzen - der "Migrantenquote" wegen? |
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