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Am 27. März tat der französische Ministerpräsident Lionel Jospin etwas, was längst überfällig war: er bildete seine Regierungsmannschaft um. Zu groß fiel bei den jüngsten, vor dem Hintergrund der nächsten Präsidenten- und Nationalversammlungswahlen im Frühjahr 2002 durchgeführten Meinungsumfragen sein Beliebtheitsrückstand hinter Amtsinhaber Chirac aus. Und zu groß waren die internen Reibereien in der Koalition geworden, die nun durch die Einbindung unbequemer Abgeordneter ins Kabinett leichter steuerbar sein sollen.
Eine Umfrage von Mitte März wies für den Sozialistenchef eine um immerhin zwölf Prozentpunkte geringere Zustimmung gegenüber den 53 Prozent des Präsidenten aus. Jospin, dem die Gaullisten und Liberalen immer wieder Unbeweglichkeit und Zögern bei der Durchsetzung wichtiger Reformen des französischen Staatsapparats vorgeworfen hatten, bewegte sich schließlich doch zumindest in Personalfragen. Er nahm Politiker in sein Kabinett auf, die sich bereits während der Ära Mitterrand einen Namen gemacht hatten und dem Wahlvolk in den kommenden zwei Jahren den Eindruck trauter Einigkeit und Handlungsfähigkeit zu vermitteln haben.
Neben Laurent Fabius als Nummer zwei der Regierung im übermächtigen Wirtschafts- und Finanzministerium sowie Jack Lang im Erziehungswesen demonstrieren ein zusätzlicher kommunistischer und ein weiterer grüner Minister Jospins Politik einer nach endlosen internen Streitigkeiten wieder gefestigten "linken Einheitsfront".
Fabius fällt in dem neuen, nunmehr 33- statt 29köpfigen Kabinett die Rolle zu, sich in besonderer Weise der Wechselwähler aus der politischen Mitte anzunehmen. Es ist mehr als bezeichnend, daß der Chefredakteur der konservativen Zeitung "Le Figaro" ihm gegenüber sogleich eine wohlwollende Haltung an den Tag legte.
Laurent Fabius, der auch als Präsident der Nationalversammlung fungiert, hatte sich nach seinem Freispruch im Prozeß um den "Blut-Skandal" in Fernsehinterviews und Zeitungsartikeln wiederholt für Steuersenkungen ausgesprochen (einschließlich der Einkommenssteuer speziell für die Mittelschichten).
Seine Aussichten, sich mit Erfolg zu profilieren, sind recht gut, zumal es in der Führung seines Ministeriums eigentlich nur noch besser werden kann: Nach dem Zwischenspiel mit dem nüchternen Christian Sautter folgte als Wirtschafts- und Finanzminister der der Geschäftswelt nahestehende Dominique Strauss-Kahn. Dieser gehört zu den wohl problematischsten Gestalten in der politischen Landschaft Frankreichs. Neben seiner Verwicklung in den Elf-Skandal ist Strauss-Kahn in den dubiosen Fall einer von den Sozialisten kontrollierten Versicherungsgesellschaft verstrickt, was ihn 1999 schließlich zum Rücktritt nötigte.
Über die Regierungsumbildung hat sich die parlamentarische Opposition merkwürdigerweise sehr zurückhaltend geäußert. Offenbar gilt ihr Augenmerk ebenso wie das der Massenmedien derzeit vor allem den in Paris und in der Provinz anstehenden Bürgermeister- bzw. Gemeinderatswahlen.
Jack Lang sollte in Paris kandidieren. Er hat es aber vorgezogen, einen Kabinettsposten zu bekommen. Bei den Rechtsbürgerlichen will nun der populistische Philippe Seguin, der sich eigens zu diesem Anlaß mit Chirac versöhnte, in der Hauptstadt antreten.
Doch die öffentliche Ruhe und die Gelassenheit der Pariser Börse, mit der die jetzige Regierungsumbildung vonstatten ging, mag täuschen. Denn nicht nur der Finanzsachverständige der Opposition, der liberale Francois dAubert, erwartet auf der Zielgeraden zum Superwahljahr 2002 größere Spannungen zwischen dem Dogmatiker Jospin und dem mehr wirtschaftsorientierten Fabius.
Francisco Lozaga
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