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Kapitulation

 
     
 
Während die USA ungeniert eine neue Runde im Rüstungsgeschehen mit der Errichtung von nationalen Raketensperren einläuten und die Bundeswehr in die Dimension einer sogenannten "Interventionsarmee" gepfercht werden soll, wartet die große meinungsbildende Presse begleitend mit spektakulären "Expertenwarnungen" auf. Rußland, so heißt es etwa in der "Welt", sei dabei, just eine "Pocken-Bombe" zu entwickeln, und drei amerikanische Metropolen bereiteten sich bereits auf denkbare Angriffe mit biologische
n Waffen vor. Ein angeblich bereits 1992 (sic) geflohener russischer Mikrobiologe namens Ken Alibek warnt nun rechtzeitig zum neuen Rüstungslauf vor den Gefahren, da er selbst an entsprechenden Entwicklungsprogrammen teilgennommen habe. Merkwürdig genug, daß er unter der Regentschaft des oft trunkenen und führungsschwachen Präsidenten Jelzin nicht mit seinen Wahrheiten herausrückte. Besitzt Putin doch ein anderes Format? Damals wäre es doch leichter gewesen, den erst angelaufenen Entwicklungsprogrammen zu begegnen. In einem Punkt freilich muß man dem geflohenen russischen Wissenschaftler beipflichten, wenn er sagt: "Einige Regierungen in Europa verhalten sich wie kleine Kinder. Sie denken gar nicht daran, daß wir durch biologische Waffen bedroht sind." Eine Botschaft, die man umgehend dem Präses des Zwölf-Punke-Maßnahmekatalogs, Richard von Weizsäcker, zur Umwandlung der Bundeswehr zukommen lassen sollte. Der will nämlich die Bundeswehr zu einer Art von Weltfeuerwehr umwandeln, die freilich zu schwach ist, um zu Hause löschen zu können. Müller


Unbefreit

Nun bezeichnet auch Bundekanzler Schröder den 8. Mai, den Tag der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, als einen "Tag der Befreiung". Die Revolution, die heutigentags längst nicht mehr auf den Barrikaden der Straße stattfindet, sondern aus den Hinterzimmern auswärtiger Politik stammt, strömt machtvoll und eindringlich via Bildschirm als scheinbar unbeeinflußbares Dauerfeuer in die gute Stube eines jeden Deutschen. Was hier noch nicht fruchtete, besorgen anderntags die Schulmeister, die Presse, die Verlage, die Administration. Selbst die Kirchen, Teil unserer Kultur, die in sich die Idee von der Vergebung jeglicher Schuld, außer der wider den Heiligen Geist, trägt, folgt willig den politischen Vorgaben. Für die Evangelische Kirche ist hier insonderheit Berlins Bischof Wolfgang Huber zu nennen, der hinter jeder noch so dezenten Zurückhaltung offenbar verstockte Schuldverweigerer vermutet. Er kritisierte nicht nur das unlängst gegebene päpstliche Schuldbekenntnis als nicht weitgehend genug und fordert, daß "das Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirche eine Aufgabe ist, die sich in jedem Jahr von neuem stellt". Inzwischen sind manche Beobachter auf den Gedanken gekommen, der in Sachen Vergebung so hartherzige Bischof wird nicht so sehr vom Schuldbekenntnis umgetrieben, sondern von der Vergangenheit seines nationalsozialistisch orientierten Elternhauses. Sein Vater war einer der bedeutendsten NS-Staatsrechtslehrer, der unter anderem das Werk "Verfassungsrecht des Großdeutschen Reichs" geschrieben hat. Der Berliner Bischof ist befangen, unbefreit.
P. F.

 
     
     
 
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