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Karlsuniversität 650 Jahre alt: Prag verschweigt deutsche Dimension der Hochschule

 
     
 
In der dynastisch-politischen Konzeption Karls IV. sollte seine Residenzstadt Prag zum wichtigen Zentrum des ganzen Reiches werden. Um dieses Ziel zu erreichen, war eine Reihe von durchdachten Schritten notwendig. Die Gründung einer Universität, der ersten östlich von Paris und nördlich der Alpen, gehört zu wichtigen Maßnahmen seiner Regierungszeit. Bereits sein Großvater Wenzel II. strebte die Gründung einer Universität in Prag an. Für Karl IV. spielten diese Versuche keine Rolle, zumindest findet sich darüber in den Gründungsurkunden
nichts. Die aktuelle Situation war ausschlaggebend. Für Prag sprach vor allem seine Größe (40 000 Einwohner), die zentrale Lage im Königreich Böhmen, geordnete wirtschaftliche und politische Verhältnisse.

Die erste Gründungsurkunde erließ Papst Klement VI. in Avignon am 26. Januar 1347. Die päpstliche Urkunde verlieh der Prager Universität die damals üblichen Rechte und schrieb die Gliederung in vier Fakultäten (artistische, medizinische, juristische und theologische) fest. Für die praktische Umsetzung war die Urkunde vom 7. April 1348 wichtig, die Karl IV. im Zusammenhang mit anderen staatsrechtlichen Regelungen für das Königreich Böhmen verfaßte. Diese Urkunde betont sowohl den landeseigenen Charakter der Universität als auch ihre universelle Aufgabe. Für die tschechische Historiographie bildet sie den Ausgangspunkt für die Begründung des nationalen Charakters der Universität. Das Gründungswerk wurde am 14. Januar 1349 durch das Eisenacher Diplom abgeschlossen, das Karl IV. in seiner Eigenschaft als Römischer König erließ.

In den ersten Jahrzehnten mußte die Universität um das wirtschaftliche Überleben kämpfen. Erst durch das Einwirken des Erzbischofs Ernst von Pardubitz wurde eine solide wirtschaftliche Grundlage geschaffen. 1360 erließ der Erzbischof, der zugleich Kanzler der Universität war, die erste interne Verfassung – Ordinationes Arnesti. 1372 kam es zur ersten Krise, die juristische Fakultät trennte sich ab. Formell existierten zwei Universitäten, verbunden nur durch die Person des Rektors und des Kanzlers. Die Blütezeit kam in den 80er und 90er Jahren. Seit der Jahrhundertwende verringerten sich die Studentenzahlen, die Universität wurde vom Streit zwischen Nominalismus und Realismus erfaßt, der später auch auf die einzelnen Nationalitäten übergriff. 1409 veränderte König Wenzel IV. das Abstimmungsverfahren zugunsten der einheimischen Meister. Die auswärtigen, vorwiegend deutschen Meister reagierten mit dem Abzug. Die Universität verlor an Bedeutung und verwandelte sich in eine provinzielle Einrichtung, allerdings ohne einen tschechischen Charakter gewonnen zu haben. Auch dieses Ereignis wird in der tschechischen Geschichtsschreibung anders bewertet – als ein Sieg der nationalen Bestrebungen, als Befreiung von Fremdlingen.

Ihren ersten frühen Ruhm erlangte die Prager Universität während der nächsten Jahrhunderte nicht mehr. Schlechtere Zeiten wechselten mit besseren im Zusammenhang mit der Geschichte des Landes. Am 29. Juli 1784 wurde durch ein Dekret des Prager Guberniums Deutsch als Unterrichtssprache eingeführt. Spätere Versuche, Latein wieder einzuführen, schlugen fehl. Bereits 1790 verlangten die Stände die Zulassung der tschechischen Sprache für Vorlesungen. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte das Erstarken des tschechischen Elements in Böhmen. Man spricht von der nationalen Wiedergeburt. Im Zuge der demographischen Veränderungen wurde die Einführung der tschechischen Unterrichtssprache unvermeidlich. Am 11. April 1881 entschied Kaiser Franz Josef I. über die Teilung der Prager Karl-Ferdinand-Universität in zwei gleichnamige Universitäten, eine deutsche und eine tschechische. Gesetzlich wurde dieser Akt am 28. Februar 1882 verankert. Die Lage der deutschen Universität verschlechterte sich nach 1918 unaufhaltsam. Das Jahr 1945 bedeutete ihr endgültiges Ende.

Die heutigen Prager Feierlichkeiten anläßlich der Universitätsgründung entsprechen vollkommen dem Zeitgeist. Die deutsche Dimension der Universität, die sicher keine ausschließliche, aber doch eine sehr gewichtige war, wird unterdrückt, um die tschechische Dimension im hellsten Lichte erscheinen zu lassen.

 
     
     
 
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