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Ute Vogt, die ewig lächelnde Wahlverliererin, plauderte munter drauf los: Na ja, das Ergebnis sei nicht ganz so erfreulich, aber man sei doch "gut aufgestellt" gewesen. "Gut aufgestellt". Als was? Von welchem Trainer? Auf welchem Sportplatz?
Da hat mal wieder irgendein sprachgewaltiger Meinungsmacher sich eine flotte Formulierung einfallen lassen, und prompt plappern alle sie nach. Auch wer vom Abseits im Fußball, vom Stockfehler beim Hockey oder vom Zwei-Linien-Paß beim Eishockey nicht den Hauch einer Ahnung hat, lobt die gute oder tadelt die schlechte "Aufstellung". Und merkt vor lauter Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit nicht, daß es in der Politik nicht um sportlichen Wettkampf, sondern die Gestaltung der Zukunft unseres Landes geht.
So hatte - vor der "Aufstellung" - schon das dümmliche "angesagt" Eingang in unsere Umgangssprache gefunden, oder auch das grammatikalisch falsche "das macht Sinn". In unserer Muttersprache "macht" überhaupt nichts Sinn; es kann allenfalls einen Sinn haben oder sinnvoll sein. Aber offenbar reicht es inzwischen ja, wenn eine Übertragung aus dem Englischen politisch korrekt ist; sprachlich darf sie dann ruhig inkorrekt sein.
Nun haben die Sprachzerstörer, die mit Anglizismen, Wortverstümmelungen und einer unsinnigen Rechtschreibreform ihren "Krieg um die Köpfe" führen, ein neues Schlachtfeld aufgetan: die Mathematik. Genauer: die Zahlwörter. Der Deutsche, so entdeckte ein Mathematikprofessor der Ruhruniversität Bochum, tickt, pardon: zählt einfach nicht richtig, und deshalb liegt er bei Pisa so weit hinten.
Gemeint sind die Zahlwörter ab einundzwanzig. Die seien unlogisch, da nicht der Reihenfolge der Ziffern entsprechend. Daher, so die professorale Empfehlung, sollen Adam Rieses Nachfahren tun, was deutsche Werbetexter längst vollzogen haben: sich endlich der Sprachgewalt des Englischen beugen. Frei nach "twenty-one, twenty-two" also "zwanzigeins, zwanzigzwei" und so weiter. Um das ganze nicht so einseitig aussehen zu lassen, müssen auch die Franzosen als Sprach-Vorbilder herhalten. Das funktioniert allerdings nur begrenzt. Mit welcher Logik ist zu erklären, daß man westlich des Rheins "vingt et un", aber dann weiter "vingt-deux" zählt. Und soll man "vingt-quatre-dix-neuf" wirklich mit "zwanzig-vier-zehn-neun" übertragen, oder wäre das gute alte deutsche "neunundneunzig" nicht doch etwas verständlicher?
Das Argument, die sprachliche Anlehnung an die englische Zählweise bringe uns international wieder nach vorn, ist schon deshalb falsch, weil laut Pisa-Statistik im Bereich Mathematik erst auf Rang 7 das erste englischsprachige Land erscheint, zwei Plätze hinter dem deutschsprachigen Liechtenstein, ferner hinter Ländern wie Hongkong, Finnland, Südkorea, Holland und Japan, deren Muttersprache ebenfalls nicht Englisch ist.
So muß man vermuten, daß hinter all diesem Unfug Methode steckt. Die Sprache ist der vielleicht wichtigste Träger der nationalen Identität eines Volkes. Wer also systematisch Sprache zerstört, führt damit anderes im Schilde: Letztlich will er der Nation, dem Volk oder wie immer man es nennen will (aber bitte nicht: der Bevölkerung) das Rückgrat brechen. Schlimmer noch: Ein Volk, daß sich nicht gegen die Zersetzung, Verfremdung und Banalisierung seiner Muttersprache wehrt, gibt sich selber auf.
Das Gefährliche an dieser Entwicklung: Man merkt selber kaum etwas davon. Da kommt ja niemand und erklärt mit einem verbalen Paukenschlag die deutsche Sprache von Amts wegen für abgeschafft. Da wird - Salamitaktik nennt man das - Scheibchen für Scheibchen abgeschnitten, Wort für Wort durch direkte oder indirekte Anglizismen unterwandert; der Rest wird dann auf Türkdeutsch erledigt, ey, weisstu, odewas?
Was tun dagegen? Wo sind die Vorbilder, die sich diesem absurden Ausverkauf zum Nulltarif entgegenstemmen? Unsere Politiker sind da "schlecht aufgestellt". Wen wundert s, daß sie bei den Wählern nicht mehr "angesagt" sind! |
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