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Auch Litauen meldet seinen Wunsch an, über die Zukunft des Königsberger Gebiets mitsprechen zu wollen. Dies teilte der litauische Außenminister Antanas Valionis anläßlich seines Antrittsbesuchs bei Außenminister Joschka Fischer in Berlin mit. Angesichts der für 2004 angestrebten Aufnahme Litauens in die Europäische Union seien für die Königsberg-Frage zwar zunächst Brüssel und Moskau zuständig, er ließ aber keinen Zweifel daran, daß nach dem EU-Eintritt Wilna ein gehöriges Mitspracherecht einfordert. Schon jetzt sei sein Land mit 70 Prozent der größte ausländische Investor im Königsberger Gebiet.
Mit den Problemen, die das Königsberger Gebiet bekommen wird, wenn es in einigen Jahren zu Lande vollständig von EU-Ländern eingeschlossen sein wird, befassen sich zur Zeit nicht nur zahlreiche Denkschriften verschiedener EU-Institutionen (Das berichtete), sondern seit einiger Zeit auch eine bilaterale litauisch-russische Regierungskommisssion. Dabei, so der litauische Außenminister, gehe es vor allem um Bereiche wie Umweltschutz, Organisierte Kriminalität und Krankheiten (im Königsberger Gebiet ist beispielsweise Aids überproportional weit verbreitet). Bei einem Treffen dieser Kommission, das kürzlich in Nidden stattfand, habe Litauen ein Konzept für eine praktische Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem Königsberger Gebiet vorgelegt. Diese sogenannte Nidden-Initiative solle auch helfen, spezifische Probleme die nach einem EU-Beitritt Litauens entstünden, zu lösen. Mit dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen verfolge Litauen, so Valionis, aber vor allem das Ziel, mitzuhelfen, daß Königsberg seine "obsolete Rolle als Militärvorposten Moskaus" überwinde.
Die Planung sieht vor, daß Litauen im Jahre 2002 zunächst der Nato beitritt, um erst 2004 auch der EU beizutreten. Davon geht, trotz des jüngsten Dämpfers der EU-Kommission, auch der litauische EU-Chefunterhändler Petras Austrevicius aus. Den Vorschlag Bundeskanzler Schröders, den unbeschränkten Zugang neuer EU-Mitglieder zum europäischen Arbeitsmarkt für zunächst sieben Jahre zu unterbinden, lehnte er jedoch ab.
Ausdrücklich begrüßte Austrevicius die Königsberg-Initiative der EU. EU-Kommissar Chris Patten hatte sich kürzlich zum Abschluß seines Moskau-Besuchs bemüht, Rußland von der Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der EU und Königsberg zu überzeugen. Patten hatte sich mit Moskau darauf geeinigt, daß eine Zusammenarbeit ausgebaut werden solle. Königsberg solle jedoch nicht den Status eines assoziierten Mitgliedes der EU erhalten. Interne EU-Pläne wollen jedoch genau dies. Gespräche, die kürzlich zwischen Schröder und Putin geführt wurden, hatten in der britischen Presse zu "deutschland- und europafeindlichen Gerüchten", so ein EU-Sprecher, geführt.
Zunächst einmal ist in bezug auf das Verhältnis zwischen Litauen und dem Königsberger Gebiet jedoch lediglich davon die Rede, daß für häufig Reisende Dauervisa eingeführt werden sollen. Zu diesem Zweck hat EU-Kommissar Patten die Einrichtung von Konsulaten vorgeschlagen, damit Visa ohne große bürokrische Probleme und gegen eine niedrige Gebühr ausgestellt werden können.
Die EU-Kommission hat jedoch ein Rücknahmeabkommen mit Rußland im Auge, um eine Zurückschickung unerwünschter Armutsflüchtlinge zu ermöglichen. Damit die Bewohner Königsbergs auch nach dem Eintritt Litauens in die EU versorgt werden können, schlägt die EU einen zoll- und gebührenfreien Transit russischer Güter vor. Dies würde neben Litauen vor allem Weißrußland betreffen. In der Tat soll aber offensichtlich genau das im Rahmen eines Assoziationsabkommens geschehen, für das im März die Verhandlungen beginnen sollen. Im April wird sich ein deutsch-russisches Treffen voraussichtlich damit beschäftigen, und im Mai wird eine entsprechende Konferenz zwischen Rußland und der EU sich ebenfalls dieses Themas widmen. Die Idee der Königsberger Freihandelszone ist allerdings tot, so der Sprecher von EU-Kommissar Patten, Gunnar Wiegand: "Königsberg ist nicht Hongkong. Es hat keine Kompetenz für Außenhandelsfragen." Soviel scheint dennoch sicher: Der Einfluß Polens und Litauens wird schon wegen der geographischen Nähe durch die neuen EU-Regelungen mittelfristig eher wachsen.
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