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Die großen Ereignisse in der Stadt künden sich schon auf den neuen Kanaldeckeln ab: 2007 steht auf ihnen, das Jahr also, in dem Hermannstadt (Sibiu) zur Europa-Kulturhauptstadt wird. Eine besondere Freude ist das natürlich für den deutschen Bürgermeister Klaus Johannis, der seiner Stadt durch unermüdliche Aufbauarbeit diesen Ehrentitel zusammen mit Luxemburg verschaffte. "Casa Luxemburg" heißt auch ein Restaurant in der City. Schon 1150 kamen die ersten Deutschen in das Gebiet, Franken und Sachsen sowie Wallonen und Flamen. Im Dezember 1989 gehörte Hermanstadt zu den ersten rumänischen Orten, die das kommunistische Joch abschüttelten. Nach Temeswar gab es dort mit mehr als 100 Toten die meisten Opfer. Im Jahre 1544 wurde in Hermannstadt das erste rumänische Buch gedruckt, der "Catehismul lutern", der lutherische Katechismus. Das Rathaus wurde im August im neuen Glanz wieder eröffnet.
Stark renovierungsbedürftig ist der Bischofssitz des evangelischen Bischofsvikars Dr. Klein im Stadtzentrum. Anders die schmucke evangelische Akademie am Stadtrand, die von den Landeskirchen Baden-Württembergs und Bayerns errichtet wurde. In 22 Gästezimmern kann die Akademie 45 Personen unterbringen.
Bei aller Freude über die internationale Würdigung der Stadt muß doch festgestellt werden, daß noch viel zu tun ist. Außerhalb der eigentlichen Altstadt ist die Bausubstanz zum Teil katastrophal. Es gibt noch ungepflasterte Straßen, deren Staub in die Häuser dringt. Wie Stadtführerin Anneliese Truth anmerkt, wundert sich die junge Generation über Diskussionen zur Rückgabe von Gebäuden und Besitz, weil sie nie erfahren hat, was sich der Kommunismus an Enteignungen geleistet hat.
Erfreulich ist die 2005 vom Ministerium für Bildung und Forschung in Bukarest erfolgte Herausgabe eines Schulbuchs in deutscher Sprache für die 6. und 7. Klasse im Fach Heimatkunde. Da wird Geschichte endlich wahrheitsgetreu geschrieben. Das Lehrbuch wird zum Beispiel im Hermannstädter Brukenthalgymnasium genutzt, in dem seit eh und je in deutscher Sprache unterrichtet wird, auch wenn es jetzt nur noch wenige deutsche, sondern vor allem rumänische Schüler und Schülerinnen hat.
In Blasendorf gilt der Besuch dem griechisch-katholischen Erzbischof und Metropoliten Muresan. Die freundschaftliche Nähe zu Visitator Andreas Straub, ein ehemaliger Studienkollege aus dem Seminar Alba Julia, ist wohl der Grund dafür, daß er mit großer Offenheit spricht. Zunächst über die Hilfe aus Deutschland: "Es wäre ein riesiger Turm in D-Mark und Euro, wenn man alle Gelder, die wir aus Deutschland erhalten haben, aufeinanderschichten würde. Nur durch Eure Hilfe konnte die griechisch-katholische Kirche wieder erstehen. Denn so gut wie nichts haben wir hier von dem zurückerhalten, was uns die Kommunisten und die Orthodoxie genommen haben. Wir besaßen 300 Hektar Weinberge, 5000 Hektar Wald und Acker, das alles hat unsere Kirche 1948 verloren. Wie gut könnte ich davon meine 65 Priesteramtskandidaten bezahlen, dazu kommen 17 in Rom und drei in Deutschland. Etwa 100 Anwärter für ein Amt in der Kirche erwarte ich in den nächsten Jahren. An Berufungen fehlt es also nicht. Es wären noch mehr, könnte ich ihnen und ihren Familien einen Unterhalt in Aussicht stellen."
Tatsächlich scheint fehlendes Geld die größte Sorge zu sein, wenn auch die Kirche in Blasendorf ein eigenes Seminar und ein Gymnasium besitzt. Das bringt Muresan zu dem Satz: "In Unfreiheit war ich persönlich glück-licher." Von außen ist das schlecht zu beurteilen. Sitzt der Metropolit in einem "goldenen Käfig"? Denn im krassen Gegensatz zu seinen Klagen steht sein Wohnsitz. Durch ein schmiedeeisernes Tor geht man in eine gepflegte Gartenanlage, dann in das von außen prächtig aussehende 300 Jahre alte Palais. "Aber", so der Erzbischhof, "es gehört mir nicht. Bis zur Wende war es eine Unterkunft für Traktoristen."
"Einheit, Einheit", so der Erzbischof, dem die Anrede "Eure Seligkeit" zusteht, riefen die Studenten beim Besuch von Papst Johannes Paul II. Die Gläubigen wollen orthodoxe und unierte Geistliche zusammen und nicht getrennt sehen. Aber der Patriarch habe seinen Priestern bei Strafe der Sus-pendierung schriftlich verboten, mit anderen Geistlichen zusammenzuarbeiten. Die älteren orthoxen Priester seien da noch starrer als die jüngeren. Noch heute hätten die Gläubigen Angst, sich öffentlich als griechisch-katholisch zu bekennen.
Auf Befragen berichtet der Metropolit von seiner Jugend. Als Christ mußte er die Schule frühzeitig verlassen. Um weniger Schwierigkeiten zu haben, galt er dann als römisch-katholisch. Er ging für vier Jahre zum Militär und wurde Pilot bei der Luftwaffe. 1964 wurde er in einem Keller in Klausenburg geheim zum Priester geweiht. Sein Geld verdiente er als Buchhalter. 1990 wurde er dann Bischof. Im Frühjahr ernannte ihn Papst Benedict XVI. zum Großmetropoliten, mit dem Recht, ohne vorherige Befragung Roms, Bischöfe zu ernennen. Erst dann mußte der Vatikan zustimmen. Damit wurde der Status der griechisch-katholischen Kirche Rumäniens erheblich aufgewertet.
Manches wäre nach Auffassung der rumänischen Bischöfe einfacher, wenn es ein Konkordat gäbe. Im Volksmund heißt es: "Rumäne sein, heißt orthodox sein." Das macht die Situation der Katholiken und Protestanten schwierig. |
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