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Nach 200 Jahren auferstanden

 
     
 
Haben Sie die Genehmigung von Friedrich dem Großen eingeholt, den Titel weiterzuführen?". Frank Drauschke vom Historischen Forschungsinstitut Berlin (www.factsandfiles.com) hat gut lachen: der kurz nach der Krönung Friedrichs auf Wunsch des Monarchen gegründete Titel "La Gazette de Berlin" war seit zwei Jahrhunderten herrenlos.

Daraus macht jetzt eine Gruppe von schreibenden Franzosen und Deutschen aus Berlin eine Zeitung in französischer Sprache mit Beiträgen auf Deutsch, um die steigende Zahl der in Berlin wohnhaften Franzosen (25000 französische Muttersprachler, davon weit über 10000 Franzosen) und generell die Franzosen in Deutschland zu informieren. Sie sind häufig der deutschen Zunge nicht mächtig genug um zu lesen und zu hören, was in Deutschland los ist. Sie sollen sich doch hierzulande heimisch- und wohlfühlen.

Zur Zeit Friedrichs II. bestand Berlins Bevölkerung
zu einem guten Viertel aus französischen Hugenotten und Friedrichs Bibliothek aus Büchern ausschließlich in französischer Sprache. Der Philosoph von "Sanssouci" gab sich als Freund des freien Infor-mationsflusses. Doch das ab 1740 erscheinende "Journal de Berlin" und die ab 1743 zweimal pro Woche gedruckte "Gazette de Berlin" hatten gelegentlich Probleme mit der Staatsräson.

Frank Drauschke war gut beraten, den Titel aus der historischen Versenkung herauszufischen. Allerdings verschweigen die Gründer der neuen "Gazette", daß es bereits über drei Jahrzehnte lang bis Ende 1990 eine "Gazette de Berlin" gegeben hatte. Sie wurde von der Pressestelle der Französischen Militärregierung in Berlin hergestellt und in vielen Tausend Exemplaren unter den Militärs und Diplomaten der französischen Schutzmacht und ihren Familien vertrieben. Der Autor dieses Beitrages hat selbst darin geschrieben, als er seine Wehrpflicht in Berlin absolvierte.

Es liegt einem fern, der sympathischen Redaktionsmannschaft der - also dritten und nicht zweiten - Neuauflage der "Gazette de Berlin" daraus einen Vorwurf zu machen. Ganz im Gegenteil sollte man es begrüßen, wenn jemand an die fast 40jährige Tradition des ehemaligen französischen Sektors von Berlin anknüpft, die leider von den heutigen in Berlin amtierenden Franzosen sträflich vernachlässigt wird. Daher wäre es zu wünschen, daß die neue "Gazette" sich der noch verbleibenden französischen Schule "Collège Voltaire" und der deutschen Schwesteranstalt "Romain-Rolland-Gymnasium" in der Cité Foch in Berlin-Reinickendorf noch stärker zuwendet.

Man muß den Mut von Régis Présent-Griot loben, eine kostenlose Zeitung mit Niveau zu gründen. Seit dem 1. Juni präsentiert sich diese neue Pflanze im Berliner Blätterwald als eine Mischung aus Wirtschaftsblatt, Kulturzeitschrift und Stadtmagazin und erscheint in Zweiwochenrythmus. Das 16seitige Blatt enthält auch Berichte von Korrespondenten aus München, Hamburg und Frankfurt, bald auch aus dem Rheinland, ein Dossier zu einem aktuellen Thema, diesmal natür-lich die Fußball-WM, und einen separaten Kulturkalender, wor-über sich die Deutschlandfranzosen freuen werden, denn sie erfuhren bisher nicht immer, wo "in Berlin Musike ist".

Die vom Leiter der Sportrubrik Philippe Dihalleau zusammengetragenen Informationen über die WM werden Jung und Alt unter den Berlin-Franzosen helfen, sich in diesen hektischen Wochen zurechtzufinden. Kulturchefin Céline Robinet, Schriftstellerin und Autorin eines Romans mit dem seltsamen Titel "Sie dürfen schlechter Laune sein, aber Sie müssen die anderen davor warnen", definiert ihrerseits sehr richtig den deutschen Humor als ein "Lachen trotzdem" und das französische dagegen als ein "Lachen deshalb". Daher manche Mißverständnisse ... Schade nur, daß sie wie viele französische Medien die WM in Berlin etwas einseitig unter dem Gesichtspunkt der importierten Prostitution darstellt. Eine französische Zwangsvorstellung? Schade auch, daß Tina Gadow ihren informativen und erfrischenden Beitrag über die französische Bereiche-rung der deutschen Sprache "Dit is Berlin" betitelt, denn für "das" sagt der Berliner nach Einschätzung des Autors dieser Zeilen doch "det"?

Abgesehen von klitzekleinen "Imperfektionen", um Französisch zu parlieren, wirkt diese erste Ausgabe unter der Leitung der charmanten Chefredakteurin Dorothée Fraleux handlich, übersichtlich, lebhaft und bunt, kurz-um: recht professionell. Fraleux hat bereits vielfältige journalistische Erfahrungen als Redakteurin der Internet-Tageszeitung der Auslandsfranzosen "Le Petit Journal" (dorothee.fraleux@lepetitjournal.com) gesammelt. Wer die "Gazette de Berlin" vierzehntäglich und "Le Petit Journal" täglich am Bildschirm liest, ist ausgesprochen gut und preiswert, nämlich kostenlos, informiert. Hoffentlich bekommt die "Gazette" noch mehr Werbeanzeigen von Unter-nehmen, die gutbetuchte Migranten ansprechen.

www.lagazettedeberlin.de, Straßburger Str. 13, 10405 Berlin, (030) 263 733 48, e-mail: redaction@lagazette.net
 
     
     
 
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