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An Selbstbewußtsein hat es dem gerade als Chefredakteur des Hamburger Wochenmagazin "Stern" geschaßten Michael Maier (41) bisher nicht gemangelt. Vor Amtsantrit bei dem Flaggschiff des Gruner+Jahr-Verlages (G+J) verkündete Maier in de österreichischen TV-Zeitschrift "TV Media", daß er "ziemlich genau" wisse, "was man beim ,Stern machen" müsse. Und auf die Frage nach seine Befähigung für dieses Blatt antwortete Maier: "Was glauben Sie, was man mir scho alles nicht zugetraut hat!" Vorzuweisen hatte Maier Erfolge insbesondere als Chefredakteur des G+J-Blattes "Berliner Zeitung ", einem frühere SED-Parteiblatt, das er zu einer ansehnlichen Hauptstadtzeitung ausbaute.
Der so selbstbewußt und mit viel Vorschußlorbeeren gestartete Maier schaffte die Wende zum Besseren nicht. Seit dem Abgang von Henri Nannen im Januar 1980 ist Maier dami der 13. Chefredakteur, den der "Stern" verschlissen hat. Das ist absolute Branchenrekord.
Maier scheiterte nicht nur an den unter seine Ägide weiter sinkenden Auflagenzahlen sondern auch an dem Versuch, den geschäftsführenden Redakteur Thomas Osterkorn, eine der Leistungsträger des Magazins, loszuwerden. Osterkorn wurde von dem Vorstandschef vo Gruner+Jahr, Gerd Schulte-Hillen, in einem Interview für die "Süddeutsch Zeitung" vom 3. Juli d. J. als "absolut loyaler Mann" beschrieben "der mit dem ,Stern morgens aufsteht und mit dem ,Stern abends ins Bet geht". Als Maier, so Schulte-Hillen weiter, "ihn (Osterkorn) vor die Tür setze wollte, hab ich mir gesagt, das geht nicht mehr, da tu ich kein Pflaster meh drauf".
Maier hat es also nicht nur verpaßt, die Verkaufszahlen des "Stern" zu steigern, er hat auch seine eigene Machtfülle überschätzt. Damit ist "sein Ziel der Weg nach oben", wie ein Ex-Mitarbeiter die Ambitionen Maiers charakterisierte zunächst einmal beendet. Maier wird sich mit Sicherheit aber eines millionenschwere Trostpflasters in Form einer satten Abfindung erfreuen dürfen. Bis zur endgültige Ernennung eines Nachfolgers wird im übrigen der Maier-Gegner Osterkorn die Redaktio kommissarisch leiten. Dieser kündigte bereits an, mit Mitarbeitern über Maier Reformvorschläge beraten zu wollen, von denen mit ziemlicher Sicherheit nicht vie übrigbleiben wird.
Seit dem Ende der Ära Henri Nannen, insbesondere aber nach der Veröffentlichung de gefälschten Hitler-Tagebücher, an dessen Folgen die Hamburger Illustrierte jahrelan laborierte, geht es mit dem linksliberalen Zeitgeistmagazin kontinuierlich bergab. Ob die am "Stern" selber liegt oder an der Krise der Idee der Illustrierten, darübe streiten sich die Auguren. Herbert Riehl-Heyse, Anfang bis Mitte 1989 selbst Chefredakteu des "Stern", gab in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 6. Jul d. J. zu bedenken, daß sich die "Idee der Illustrierten vielleicht schlich überlebt" habe. Vielleicht passe "die ganze komplizierte Welt nicht mehr in Nannens Wundertüte". Hellsichtig legt Riehl-Heyse den Finger auf die Wunde "Die Massengräber im Kosovo und gleich danach die schrillen Frisuren japanische ,Kinder der Spaßgesellschaft: Wenn nämlich alles gleich wichtig ist, dann ist e auch egal, was letztlich ins Blatt fällt."
Diese Beliebigkeit spielt mit Sicherheit eine Rolle, wenn man versucht, den Niedergan des "Stern" zu erklären. Er dürfte aber nicht der entscheidende Grund sein Wichtiger scheint, daß der Kampf um die Marktanteile noch nie so gnadenlos wie heut gefochten wurde. Ehemalige Konkurrenten des "Stern" wie z. B. die "Quick" sind inzwischen vom Markt verschwunden. An ihre Stelle sin Spezialzeitschriften, Privatfernsehen, Internet und neue Magazine wie de "Focus" getreten, die um die Informationswünsche des Publikums einen harte Konkurrenzkampf führen. Dennoch meint z. B. der Hamburger Werbeagenturchef von Matt daß die Stern-Krise "nicht mit dem ganzen Segment, sondern mit dem Blatt zu tun" habe. Seiner Auffassung nach haben die "große Illustrierte immer noc Chancen".
Gegen diese Einschätzung sprechen die harten Fakten: 13 Chefredakteure de "Stern", unter denen mit Sicherheit viele waren, die ihr Handwerk verstanden haben es nicht vermocht, den Abwärtstrend zu stoppen. Der "Stern" wird sic daran gewöhnen müssen, in Zukunft nur noch kleinere Brötchen backen zu können. Die Zeiten, in denen der "Stern" eine mehr oder weniger unangefochten Marktführerschaft für sich reklamieren konnte, sind auf jeden Fall vorbei. Diese Realität müssen die Konzernoberen Rechnung tragen, wenn der "Stern" noch ein Zukunft haben soll. Stefan Gellne
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