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Da hat der Bundesaußen- minister wohl den Mund etwas zu voll genommen: Die „Irritationen“ zwischen Prag und Berlin seien ausgeräumt, einem Kanzlerbesuch beim tschechischen Nachbarn stehe nichts mehr im Wege. Gerhard Schröder sah das wohl etwas anders. Wohl weniger, weil es nicht um „Irritationen“ ging, sondern um üble Entgleisungen, Beleidigungen und Geschichts klitterungen, sondern vor allem, weil er - im Gegensatz zu seinem grünen Koalitionspartner - darauf spekuliert, bei der Bundestagswahl auch Stimmen aus dem Vertriebenenlager zu holen.
Die Kanzlerreise nach Prag abzusagen war eine richtige Entscheidung, die Respekt verdient. Mehr aber auch nicht. Denn: Warum sollen die Opfer von Flucht und Vertreibung sich immer nur mit netten Gesten ruhigstellen lassen? Sie haben Anspruch darauf, daß ihr Schicksal ernst genommen und in praktische Politik umgesetzt wird - auch von jenen Politikern, die gerade wieder einmal einen Zipfel vom „Mantel der Geschichte“ ergreifen wollen, diesmal in Form der EU-Osterweiterung.
Wenn ein deutscher Kanzler eine Reise absagt, sollte er das nicht deshalb tun, weil gerade Wahlkampf ist, sondern weil er der Forderung nach Abschaffung menschenverachtender Gesetze Nachdruck verleihen will. Aber davon ist in Berlin keine Rede. Nina Schulte
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