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Bulgarien und Rumänien wollen eigentlich - wie vereinbart - zum 1. Januar 2007 der Europäischen Union beitreten. Ob das klappt, ist aber nicht sicher. Denn die EU-Institutionen haben die Möglichkeit, den Beitritt um ein Jahr zu verschieben, wenn es den beiden Ländern nicht gelingt, die geforderten Reformen durchzuführen.
Als vor vier Jahren Simeon Sakskoburggotski Ministerpräsident von Bulgarien wurde, setzten die Menschen große Hoffnungen in den Mann, der schon einmal im Kindesalter von 1943 bis 1946 als König Simeon II. Regent ihres Landes war. Vor den Parlamentswahlen am 25. Juni dieses Jahres hat Bulgarien eine gemischte Bilanz vorzuweisen.
Die guten Nachrichten: Die bulgarische Wirtschaft wuchs im Durchschnitt der zurückliegenden vier Jahre um real ansehnliche 4,7 Prozent. Für 2005 prognostiziert die EU-Kommission sogar ein Wachstum von sechs Prozent. Das wäre die höchste Wachstumsrate, seit die Bulgaren ihr Land in die Marktwirtschaft führten. Auch die Arbeitslosigkeit sinkt seit 2001 kontinuierlich - auf zuletzt zwölf Prozent.
Andere Kennziffern in dem 7,5 Millionen Einwohner zählenden Balkanstaat stimmen jedoch weniger optimistisch. Die Leistungsbilanz war im Jahr 2004 mit mehr als sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Minus, die Inflationsrate stieg wieder an. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-BIP von 2.500 Euro ist Bulgarien nicht nur sehr weit von westlichen Verhältnissen entfernt - in einer EU der 27 wäre es sogar das Armenhaus.
Selbst wenn man die Einkommen um Kaufkraftunterschiede bereinigt, kommt Bulgarien gerade einmal auf 30 Prozent des Durchschnitts der 25 EU-Länder.
Als politischen Erfolg kann die Regierung des Schwarzmeeranrainers die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags mit der Europäischen Union am 25. April 2005 in Luxemburg verbuchen.
Die EU-Kommission hat Bulgarien kürzlich jedoch die gelbe Karte gezeigt, unter anderem, weil die Justiz- und Verwaltungsreform nicht vorankommt. Falls das Land seine Verpflichtungen aus dem Beitrittsvertrag nicht erfüllt, könnte der Rat der Europäischen Union daher die Notbremse ziehen und die Erweiterung um ein Jahr verschieben.
Das gleiche Schicksal droht Rumänien. Auch hier enthält der Beitrittsvertrag eine Sicherheitsklausel, nach der der Beitritt um ein Jahr zurückgestellt werden kann, sollte das Land zum 1. Januar 2007 nicht fit genug für die Aufnahme in den EU-Club sein.
Brüssel mahnt bessere Kontrollen an den künftigen Außengrenzen der Union an, eine Reform der Justiz und ein verschärftes Vorgehen gegen die Korruption. Denn der knapp 22 Millionen Einwohner zählende Staat belegte beim letzten Korruptionsranking von Transparency International zusammen mit dem Iran und der Dominikanischen Republik unter 146 Ländern Platz 87. In Bulgarien fließen nicht ganz so viele Bestechungsgelder, es schnitt mit Platz 54 etwas günstiger ab.
Dabei entwickelt sich die rumänische Wirtschaft noch dynamischer als die des südlichen Nachbarn: Im Jahr 2004 nahm das Bruttoinlandsprodukt real um 8,3 Prozent zu; für das laufende Jahr erwarten Konjunkturexperten immerhin noch 5,5 Prozent.
Die Inflation ist seit Ende der 90er Jahre von einem hohen Niveau aus rückläufig; für dieses Jahr wird erstmals mit einer Teuerungsrate im einstelligen Bereich gerechnet. Ein Wermutstropfen ist das nach wie vor hohe und wieder steigende Leistungsbilanzdefizit. Doch die neue, seit Jahresanfang amtierende Regierung unter Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu zeigt Mut: Seit dem 1. Januar 2005 gilt für Einkommen und Unternehmensgewinne eine Flat Tax - ein einheitlicher Steuersatz von 16 Prozent. iwd |
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