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Ostdeutschland unvergessen

 
     
 
Wenn am 3. Mai des 100. Geburtstages des Schöpfers des Ostdeutschen Jagdmuseums - Wild, Wald und Pferde Ostdeutschlands e.V. gedacht wird, so erinnert man nicht nur an ein Leben, das nach Kriegsende ausschließlich im Dienste Ostdeutschlands stand, sondern man schaut auch zurück auf die leidvolle Geschichte Ostdeutschlands und seiner Menschen, der deutschen Heimatvertriebenen
, deren Schicksal unter anderem durch den jahrzehntelangen Kampf um die Heimat geprägt war. Dies alles hat Hans Ludwig Loeffke und seine Generation in ihrer Haltung und in ihrem Handeln nachhaltig bestimmt.

Hans Ludwig Loeffke entstammte väterlicher- wie mütterlicherseits einer seit Jahrhunderten in Ostdeutschland ansässigen angesehenen Familien. Nach dem Abitur am Gymnasium in Tilsit wollte er Forstwissenschaft studieren. Zunächst erwarb er die für das forstwissenschaftliche Examen notwendigen juristischen Kenntnisse an der Universität Königsberg, wo er, wie mehrere Generationen seiner Familie vor ihm, in das Corps Littuania eintrat. Ab 1927 studierte er in Eberswalde und wurde gleich nach dem ersten Staatsexamen in den preußischen Forstdienst übernommen. Während seiner Referendarzeit diente er 1934 - 1935 ein Jahr freiwillig bei der Reichswehr. Bei Kriegsausbruch 1939 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. Er kämpfte in Frankreich und Norwegen und machte später den Rußlandfeldzug mit, zuletzt als Hauptmann der Reserve (Eisernes Kreuz Erster Klasse). Nach kurzer englischer Kriegsgefangenschaft wurde er nach Lüneburg entlassen.

Für den durch die Heimat und vom Grenzlandschicksal geprägten Ostdeutschland war es selbstverständlich, sich von der ersten Stunde an für seine Schicksalsgefährten einzusetzen. Er war 1948 Mitbegründer der Freundeskreis Ostdeutschland auf Bundesebene. In Niedersachsen gehörte er zu den Gründungsvätern der Freundeskreis Ostdeutschland und des Bundes der Vertriebenen. Sieben Jahre war er Kreisvertreter von Allenstein-Stadt und bemühte sich daneben intensiv um den Zusammenschluß der ostdeutschen Jäger und Reiter. Bereits 1950 trafen sich 5000 von ihnen in Hamburg. Bis zuletzt war er Vorsitzender der Lüneburger Vertriebenenverbände. "Seine Liebe zu Ostdeutschland, zur Heimat, war gleichzeitig seine Liebe zu Preußen", schrieb ein Freund über ihn. "Sie umfaßte die ganze Kulturlandschaft dieses Raumes, umfaßte Wald, Wild, Jagd und Pferdezucht ebenso wie die Menschen und ihren Siedlungsboden, die Gegenwart wie die Geschichte - und darum sah er seine große Aufgabe schließlich darin, Leistung und Schönheit, die ruhmreiche Geschichte seiner ostdeutschen Heimat sichtbar zu dokumentieren."

Erstmals auf dem Bundestreffen der Freundeskreis in Bochum im Jahre 1953 trat Loeffke mit einer ostdeutschen Jagdausstellung an die Öffentlichkeit. Diese Dokumentation war so beeindruckend, daß er vom Deutschen Jagdschutzverband beauftragt wurde, 1954 auf der Internationalen Jagdausstellung in Düsseldorf die Gedenkschau "Deutscher Osten" verantwortlich aufzubauen. Und hier wurde auch die Idee geboren, das "Ostdeutsche Jagdmuseum - Wild, Wald und Pferde Ostdeutschlands" zu gründen, eine Dokumentation, mit der handgreiflich gezeigt werden sollte, was die deutsche Scholle im Osten leistete und wert ist und die zugleich zu einer verpflichtenden und mahnenden Erinnerung für alle Deutschen werden sollte. Besessen von dieser Idee hatte Hans Ludwig Loeffke nach wenigen Jahren soviel Ausstellungsmaterial zusammengetragen, daß am 7. Dezember 1958 das Ostdeutsche Jagdmuseum im Alten Kaufhaus in Lüneburg eröffnet werden konnte. In seinem Vorhaben von der Stadt Lüneburg mit dem damaligen Oberstadtdirektor Dr. Böttger und treuen Ostdeutschland unterstützt, entstand ein Werk, das zukunftsweisend für die ostdeutsche Kulturarbeit werden sollte. Die Patenschaft für die Eröffnung hatten Bundespräsident Lübke, Bundestagspräsident Dr. Gerstenmaier und Bundesvertriebenenminister Professor Dr. Oberländer übernommen. Namhafte Persönlichkeiten gehörten zu den Mitunterzeichnern der Einladung. Ein Jahr nach der Eröffnung des Ostdeutschen Jagdmuseums wurde es in der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember 1959 durch Brandstiftung vernichtet. Außer vier anderen Geweihen überstand lediglich der "U-Boot-Hirsch", der noch 1945 aus der Festung Danzig - am Kommandoturm eines U-Bootes befestigt - gerettet wurde, den Brand überstand. Das Ostdeutsche Jagdmuseum war Opfer des "Lüneburger Feuerteufels" geworden, der in der Stadt mehrmals zugeschlagen hatte. Bereits in der Brandnacht wurde im engsten Kreis der Entschluß gefaßt, das Museum wieder aufzubauen. "Es ist nicht Ostdeutschlandart", schrieb Loeffke, "einen derartigen Schick-salsschlag tatenlos hinzunehmen." Durch eine Flut von Hunderten von Beileidsbekundungen wurde Loeffke Mut gemacht, einen Neubeginn zu wagen, nachdrücklich unterstützt von den zuständigen Ministerien auf Bundes- und Landesebene. Zielstrebig ging er erneut ans Werk. Kostbare Erinnerungsstücke konnte er für das Museum sicherstellen, die ideelle und materielle Unterstützung durch Landsleute und viele dem Land Ostdeutschland Verbundene war groß.

Fünf Jahre nach dem Brand konnte im Oktober 1964 das Museum, in einem alten Lüneburger Patrizierhaus untergebracht, wiedereröffnet werden. "Nie wäre es zur Gründung, geschweige denn zur Wiedereröffnung des Ostdeutschen Jagdmuseums gekommen, wenn nicht eine Persönlichkeit wie Hans Ludwig Loeffke die dahinter stehende Kraft gewesen wäre. Mit einer Zähigkeit und einem Mut ohnegleichen ging er alle Schwierigkeiten an, deren es genug gab. Es gab Gegner seiner Idee auf den verschiedensten Ebenen. Er hatte auch Freunde und Helfer, die ihn unterstützen, aber die treibende Kraft war er, der nie resignierte. Nur so konnte es gelingen, dieses Denkmal für Ostdeutschland aufzubauen", so der Kulturreferent des Niedersächsischen Bundes der Vertriebenen, Rudi. Meitsch. Glückwünsche hatten unter anderem Bundespräsident Lübke und Bundestagspräsident Dr. Gerstenmaier übermittelt. Dies zu erwähnen scheint in der gegenwärtigen Situation, da es um die der Bedeutung Ostdeutschlands entsprechenden, Sicherung der Existenz des Ostdeutschen Landesmuseums geht, besonders angebracht. In jenem Oktober 1964 hatte Hans Ludwig Loeffke endgültig den Grundstein für die museale Dokumentation Ostdeutschlands, für sein Lebenswerk, gelegt. Mit der zunehmenden Bekanntheit wuchsen auch die Bestände des Museums. Dank geschickter, von der Stadt Lüneburg unterstützter Erweiterungspläne konnte der erste Erweiterungsbau im Juni 1969 eingeweiht werden. Und nach weiteren fünf Jahren, im November 1974 erfuhr das Museum durch den baulichen Anschluß an ein Fachwerkhaus eine zweite Erweiterung, wobei - so Loeffke in seiner Einweihungsrede - "... wir die berechtige Hoffnung vertreten, das Museum in absehbarer Zeit nochmals räumlich, damit auch themenmäßig erweitern zu können und in seiner Ausstrahlungskraft noch aussagefähiger zu machen". Fünf Wochen nach dieser hoffnungsvoll in die Zukunft gerichteten Rede und der Vollendung seines letzten Meisterstücks starb Hans Ludwig Loeffke. Er hatte seine ganze Kraft seinem Lebenswerk geopfert. In diesem letzten Erweiterungsbau war noch einmal seine ganze museale Begabung zum Tragen gekommen. Mit dem Ostdeutschen Jagdmuseum hatte er den Grundstock für das Ostdeutsche Landesmuseum in Lüneburg geschaffen, das ebenso wie das Ostdeutsche Jagdmuseum weiter zu den größten Anziehungspunkten der Stadt gehört. "Wer Hans Ludwig Loeffke jedoch nur mit Ostdeutschland und dessen Jagdmuseum in Lüneburg verbunden sieht, der verkennt leicht, daß dieser freundschaftliche Bezug für ihn niemals Selbstzweck gewesen ist. Die Pflege des ostdeutschen Kulturgutes war für ihn nicht nur Bekenntnissache, sondern die sein ganzes Leben bestimmende Aufgabe, ... Mit dem unermüdlichen Einsatz für die Verfolgten hat er nicht nur den Interessen der ostdeutschen Vertriebenen gedient, sondern auch ganz Deutschland", schrieb Dr. Robert Müller-Sternberg über ihn. Mit dem Tod von Hans Ludwig Loeffke ist nicht nur eine wichtige Periode des "Ostdeutschen Jagdmuseums" zu Ende gegangen, sondern auch der musealen Dokumentation über Ostdeutschland überhaupt. Auf ehrenamtlicher Basis war aus dem Nichts heraus ein Stück lebendiges Ostdeutschland geschaffen worden, was den Besucher in einer Einmaligkeit umgab, die vom "Ostdeutschen Landesmuseum", in dem das "Ostdeutsche Jagdmuseum" aufgegangen ist, nach Ansicht mancher Besucher noch nicht wieder erreicht worden ist. v. St. / L.

Heimat - mehr als nur ein Begriff

Hans Ludwig Loeffke bei der Eröffnung des Jagdmuseums 1958
 
     
     
 
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