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Papst war deutschen Linken zu differenziert

 
     
 
Nichts hat sich an dem positiven Eindruck, den die katholische Christenheit in Polen von Papst Benedikt XVI. seit seinem Gebet in Auschwitz-Birkenau hat, verändert. Noch kurz vor seinem Besuch in dem ehemaligen Konzentrationslager ergab eine Umfrage im Auftrage der polnischen Tageszeitung "Zycie Warszawy", daß die Wahl Joseph Ratzingers zum Papst das Verhältnis der Polen zu den Deutschen "radikal verbessert" hat. Kommentiert wird die Umfrage in der Zeitung mit dem Satz, daß der Papst "uns mit den Deutschen versöhnt" hat.

An dieser positiven Einstellung haben auch jene Worte nichts geändert, nach denen das deutsche Volk
"von einer Schar von Verbrechern" gebraucht und mißbraucht worden war. Ein instrumentalisiertes Volk mit einzelnen Schuldigen, aber keine Täter-Phalanx der Abermillionen Teutonen. Die polnische Presse blieb durchweg positiv gestimmt. Von einem "Wunder der Versöhnung" ist gar die Rede.

Linke Journalisten vor allem aus Deutschland, denen der christliche Versöhnungsgedanke fremd ist, sehen den päpstlichen Auftritt in Auschwitz-Birkenau freilich anders. Matthias Drobinski, Kirchenexperte der "Süddeutschen Zeitung" ist einer von ihnen.

Neben der Kritik an den fehlenden aktuellen Hinweisen zum Antisemitismus in der Welt sticht ein Vorwurf deutlich heraus: Der Papst habe sich in eine "semantische Reihe" jener begeben, die in der Adenauerära bis in die 60er Jahre die These von den verführten Deutschen vertreten hätten. Ähnlich sei es Philipp Jenninger ergangen, der von einem "Faszinosum Hitler" gesprochen habe.

Ein gelungener Vergleich, zumal er entlarvend ist. Jenninger mußte nach seiner heftig kritisierten Rede vom 10. November 1988 aus Anlaß der 50. Wiederkehr der "Reichspogromnacht" als Bundestagspräsident zurücktreten. Ein Aufschrei war durch die Reihen der Parlamentarier gegangen.

Der seinerzeitige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, hatte im Jahr darauf die Rede Jenningers mit nur minimalen Veränderungen in der Frankfurter Synagoge wiederholt und damit eine "gelassene und zum Teil zustimmende Reaktion" des Auditoriums erreicht. Bubis erhielt mit seinem Experiment die Vermutung bestätigt. "selektive Wahrnehmung und politisches Lagerdenken" bestimmten die deutsche Betroffenheitsmaschinerie. Als "zutreffende Beschreibungen des Mitläufertums" habe er die Rede Jenningers empfunden. Dies ist auch der Tenor der umstrittenen Passage des offenen Gebets Papst Benedikts XVI. in Auschwitz-Birkenau.

Drobinski und andere Kritiker in Deutschland und Europa konstatieren "Unbehagen" oder "Unwohlsein" angesichts der päpstlichen Wortwahl. Damit offenbaren sie allerdings eher ihre eigene "selektive Wahrnehmung und politisches Lagerdenken".

Überhört wurde etwa ein Satz des Kirchenoberhauptes in Warschau: "Wir müssen uns hüten vor dem arroganten Anspruch, uns zu Richtern früherer Generationen zu erheben, die in anderen Zeiten und unter anderen Umständen lebten."

Benedikt XVI. sprach von "verführten Deutschen"
 
     
     
 
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