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Europaweit ist die Zahl der Unternehmenspleiten im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. In Deutschland wurden auch einige große Konzerne von der Konkurswelle erfaßt - nicht zuletzt aufgrund des neuen Insolvenzrechts. Nach wie vor müssen aber vor allem kleine und mittlere Betriebe das Ruder aus der Hand geben.
Die deutsche Wirtschaft hatte im Jahr 2002 mit schwerer See zu kämpfen. Kein Wunder also, daß abermals deutlich mehr Firmenschiffe an den Klippen aus hohen Abgaben und harter international er Konkurrenz zerschellten: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg in Deutschland nach Angaben des Wirtschaftsinformationsdienstes Creditreform im Jahr 2002 um mehr als 16 Prozent.
Doch auch im europäischen Ausland, wo das Insolvenzbarometer bis 2001 noch gutes Wetter angezeigt hatte, sind mittlerweile dunkle Wolken aufgezogen (Grafik): Im westeuropäischen Schnitt legte die Zahl der Firmenpleiten im vergangenen Jahr um fast 11 Prozent auf insgesamt über 150.000 zu.
Von 17 betrachteten Ländern verzeichneten nur drei rückläufige Insolvenzzahlen: Griechenland - dank des wirtschaftlichen Booms durch die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 2004 - sowie Irland und Luxemburg.
Den höchsten Zuwachs an Betrieben, die ihre Zahlungsunfähigkeit erklären mußten, gab es in Finnland und Spanien. Insbesondere für die Iberische Halbinsel weist die Statistik allerdings noch immer ein sehr niedriges Niveau aus. Ohnehin sind die Zahlen dort wenig aussagekräftig - wegen des komplizierten Konkursrechts stellen marode kleine und mittlere Unternehmen üblicherweise ohne Insolvenzverfahren ihren Betrieb ein.
Absolut gesehen, mußten 2002 in Frankreich die meisten Firmen aufgeben - rund 38.700. In der Bundesrepublik sah es allerdings mit 37.700 dokumentierten Pleiten nicht viel besser aus. Dabei handelte es sich keineswegs nur um kleine Fische - allein sieben der zehn größten Fälle in Europa spielten sich hierzulande ab. Entsprechend massiv war laut Creditreform der Schaden: Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland verursachten 2002 Forderungsausfälle im Wert von schätzungsweise 38,4 Milliarden Euro - ein Anstieg von 20 Prozent.
Zudem sorgte die neuerliche Pleitewelle für 590.000 verlorene oder gefährdete Arbeitsplätze - 17 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Segel streichen mußten große Konzerne in fast allen Branchen - von der Bauwirtschaft bis zur Luftfahrtindustrie. Auch Dienstleistungsbereiche wie das Bankgewerbe und die Medienbranche waren betroffen - Wirtschaftssparten also, die im Boomjahr 2000 noch als krisenfest gegolten hatten.
Zu den wichtigsten Ursachen für die gestiegene Zahl an Großpleiten gehört neben der anhaltenden Wachstumsschwäche Deutschlands das neue Insolvenzrecht. Durch die verbesserten Möglichkeiten, ein Unternehmen aus der Insolvenz heraus zu sanieren, und die strengere Pflicht, bei Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit ein Konkursverfahren anzumelden, wird die Pleite kränkelnder Unternehmensriesen schneller angezeigt.
Hinzu kommt, daß die Banken immer seltener bereit und in der Lage sind, Geld in "Fässer ohne Boden" zu füllen. Daher finden sich unter den Mega-Pleiten des vergangenen Jahres viele Unternehmen, die trotz längerer Sanierungsbemühungen nicht aus den roten Zahlen gekommen waren.
Auch wenn besonders die großen Firmen-Crashs für Schlagzeilen sorgten: Nach wie vor betreffen fast neun von zehn Pleiten in Deutschland Kleinbetriebe bis zu 20 Beschäftigten. Oft ist zu hören, die Mittelständler bekämen damit ihre Abhängigkeit von den Großen zu spüren. Diese würden in einer Konjunkturflaute ihre Aufträge an kleine Zulieferer streichen, um die eigenen Kapazitäten besser aus- zulasten.
Doch der Blick über die Grenzen straft dieses Vorurteil Lügen. Denn 2002 stiegen die Insolvenzzahlen in Ländern wie Schweden und Belgien, wo die kleinen Firmen besonders stark mit den großen Konzernen verbunden sind, nur geringfügig an. Besonders viele zusätzliche Pleitegeier kreisten über Deutschland, Spanien und der Schweiz - Staaten, in denen die Mini-Betriebe vor allem untereinander Geschäfte machen. iwd |
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