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Preußen lebt - als Idee, als Ideal und vielleicht auch irgendwann wieder als staatsrechtliche Realität. Jedenfalls dürfte das rigorose Verdikt der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die den Staat Preußen zum Symbol alles Üblen auf dieser Erde, insbesondere des Militarismus, hochstilisiert und folglich für tot erklärt hatten, nicht das letzte Wort der Geschichte gerwesen sein.
Vor zwei Jahren, als wir den 300. Jahrestag der Krönung des ersten preußischen Königs - im ostdeutschen Königsberg - feierten, gab es die ersten, noch behutsamen Anzeichen einer Wiederbelebung Preußens. Ein sozialdemokratischer Landesminister dachte in Potsdam laut darüber nach, warum eigentlich ein aus Brandenburg und Berlin zusammengeschlossenes neues Bun-desland nicht Preußen heißen sollte. In der offiziellen Feierstunde der Freundeskreis Ostdeutschland ging Festredner Prof. Wolfgang Stribrny noch einen Schritt weiter und entwarf die Vision eines aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zusammengewachsenen Bundeslands Preußen.
Die Vision erregte viel Aufmerksamkeit, wurde - wie nicht anders zu erwarten - auch kritisiert, aber doch nicht im bislang gewohnten Stile total verdammt. In der Öffentlichkeit, auch jenseits der deutschen Grenzen, war der Begriff Preußen nicht mehr einseitig negativ besetzt.
Nach Ablauf des Preußenjahres aber wurde es wieder still um Preußen.
Doch war die gute Idee auch in der politischen Klasse nicht vollends in Vergessenheit geraten. Den jüngsten Vorstoß machte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Walter Döring: Er regte eine grundlegende Neuordnung der Länderstruktur an, mit nur noch neun Bundesländern, darunter einem aus Berlin und Brandenburg zu bildenden Preußen.
Die Idee verdient schon deshalb Beachtung, weil offensichtlich mehr als eine "Einzelmeinung" dahintersteckt. Es kann kein Zufall sein, daß hochrangige Repräsentanten der SPD, der Union, der Grünen und der FDP nahezu zeitgleich öffentlich über eine Neuordnung der Bundesländer nachdenken. Christine Scheel von den Grünen will mit elf Ländern auskommen, dem Christdemokraten Wolfgang Schäuble würden sogar acht oder sieben Länder reichen. Und Sozialdemokrat Matthias Platzeck erinnert an die überfällige Selbstauflösung des von ihm regierten Landes Brandenburg zwecks Verschmelzung mit Berlin. Ob er damit liebäugelt, selber einmal preußischer Ministerpräsident zu werden, ließ er vorerst noch unerwähnt.
Immerhin: Die Reform der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland steht weiterhin auf der Tagesordnung - und da ist auch Platz für die Idee, eines der neuen Länder Preußen zu nennen. Nina Schulte |
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