|  | Die Washington Post (WP) und die New York Times (NYT) berichteten Mitte     April in zwei größeren Artikeln über die Vorgeschichte des Kosovo-Krieges. Beide     Artikel zeigen auf, daß ein Kurswechsel innerhalb der amerikanischen Politik  und     nicht eine Maßnahme oder eine Entscheidung des Belgrader Regimes  den Krieg     ausgelöst hat. Dieser Kurswechsel wurde insbesondere durch das Massaker vom Racak am 15.     Januar 1999 eingeleitet, bei dem serbische Polizeieinheiten 45 albanische  Zivilisten     niedergemetzelt haben sollen. 
 Vier Tage nach diesem Ereignis trafen sich laut WP die Spitzenvertreter der Regierung     Clinton im Weißen Haus, um einen grundsätzlich neuen Plan für den Kosovo zu prüfen.     Dieser habe Milosevic´ gemäß der Ausführung der NYT erneut ein Bombardement für den     Fall angedroht, daß sich Milosevic weiter den amerikanischen Forderungen verschließe.     Zum ersten Mal sei Milosevic´ allerdings aufgefordert worden, eine Intervention seitens     der Nato in seinem Land zuzulassen. Ziel des Planes sei zum einen der völlige Abzug der     jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und zum anderen dessen weitgehende     Autonomie gewesen.
 
 Was in Racak wirklich vorgefallen ist, ist bis heute nicht aufgeklärt. Der erste     US-Vertreter, der in Racak erschien, war William Walker, Chef der OSZE-Beobachtermission     im Kosovo. Dieser sprach - ohne irgendwelche Untersuchungen abzuwarten  davon, daß     die Toten Opfer einer serbischen Greueltat seien. Die serbische Regierung wies Walkers     Anschuldigungen mit aller Schärfe zurück. Walker wurde deswegen von seiten Belgrads zur     "persona non grata" erklärt und des Landes verwiesen.
 
 Die Neue Züricher Zeitung stellte am 18. Januar zu diesem Vorgang fest, daß Walker     von Anfang an erklärte, "er wolle sein Mandat so extensiv wie möglich auslegen.     Amerikanische Diplomaten machten kein Hehl aus ihrer Absicht, vom Kosovo aus die     Herrschaft Milosevic´s zu destabilisieren". Diese Deutung läßt zumindest die     Möglichkeit zu, daß die serbische Auslegung der Ereignisse von Racak keineswegs nur als     Propaganda abgetan werden kann.
 
 Der Einsatz in Racak fand statt, um die dort vermuteten Mörder serbischer Polizisten     aufzuspüren. Nach dem Ende des Feuergefechtes befand sich ein Großteil der Toten der UCK     in einem Gebiet, das von ihr kontrolliert wurde. Diese eskortierte Walker und einen     Medientroß am Morgen des 16. Januar an einen Ort, an dem 22 Tote lagen, die den Anschein     einer Massenexekution vermittelten. Zur Reaktion von Walker vermerkte die alles andere als     serbenfreundliche französische Zeitung Le Monde vom 21. Januar d. J. sinngemäß: Die     Verdammung (der jugoslawischen Einheiten) durch Walker sei total gewesen. Dennoch würden     Fragen bleiben. Wie hätten es die serbischen Einheiten geschafft, eine Reihe von     Kosovo-Albanern zusammenzutreiben und diese in aller Ruhe zu exekutieren, während sie     ununterbrochen von UCK-Guerillas beschossen worden seien?
 
 Die französische Zeitung Le Figaro kommentierte den selben Vorgang am 20. Januar wie     folgt: Der verwirrendste Aspekt im Zusammenhang mit dem Massaker von Racak sei, daß der     Film, den TV-Journalisten von Associated Press (AP) über den Polizeieinsatz drehten,     radikal der Version von Walker widerspräche. Könnten die UCK-Guerillas nicht die durch     serbische Kugeln getroffenen Leichen während der Nacht zusammengetragen haben, um ein     Massaker zu inszenieren?
 
 Der amerikanische Journalist Don North hat wichtige Hinweise für die Einschätzung der     Person Walkers geliefert. North befand sich zu einem Zeitpunkt in El Salvador, als eben     jener Walker dort US-Botschafter war. Am 16. November 1989 fand in El Salvador ein     Gemetzel statt, das weltweit durch die Medien ging. Das Beweismaterial deutete auf das     Oberkommando der elsalvadorianischen Armee als Drahtzieher. Walker aber verteidigte mit     Vehemenz den damaligen Generalstabschef Ponce, einen Günstling der US-Regierung .
 
 Noch aufschlußreicher sind die Bemerkungen Walkers, die die WP am 21. März 1993     kolportierte. Dort wird Walker im Zusammenhang mit den Morden in El Salvador wie folgt     zitiert: "Jeder kann sich Uniformen beschaffen. Die Tatsache, daß die Mörder (der     Jesuiten, d.V.) Uniformen getragen haben, beweist noch nicht, daß sie wirklich Soldaten     waren."
 
 In Racak haben Walker Bedenken der obigen Art nicht geplagt. Die Vermutung liegt daher     sehr nahe, daß Walker in erster Linie in den Kosovo geschickt wurde, um den "casus     belli" zu schaffen.
 
 
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