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Die Zukunft der Energieversorgung liegt auf dem Wasser. Diesen Eindruck vermittelt die Regierung. Es liegen derzeit 30 Anträge für Off-shore-Windparks vor mit einem Investitionspotential von 50 Milliarden Euro. Die Welt meldete in ihrem Artikel "Energie 2002" am 10. April 2002: "Eine Entwicklung ohne Beispiel: Ausbau der Windenergie eilt von Rekord zu Rekord." Anleger haben im vergangenen Jahr rund 406 Millionen Euro in Windenergiefonds angelegt. Grund dafür sind die günstigen Rahmenbedingungen. Das überarbeitete "Erneuerbare-Energien-Gesetz" garantiert die Abnahme des Windstroms zu festgelegten Preisen über einen Zeitraum von 20 Jahren. Das gibt den Anlegern die Gewißheit, daß es für das Produkt Windstrom immer einen Abnehmer geben wird. Die Stromnetzbetreiber sind verpflichtet, ihn abzunehmen und zu bezahlen. Die ersten Windkraftanlagenbauer sind trotz der Flaute am Aktienmarkt an die Börse gegangen. Ob diese Situation so weiterbestehen kann, ist fraglich, da Subventionen der EU-Kontrolle unterstehen und eine Art der Diskriminierung anderer Ressourcen darstellen.
Für die Nutzung auf hoher See sprechen höhere und gleichmäßigere Windgeschwindigkeiten. Näher zur Küste bestehen kaum Chancen, zum einen wegen des Wattenmeers, zum andern wollen die Bewohner der Küste und Inseln keine Windräder am Horizont. Mit zunehmendem Abstand von der Küste wachsen aber auch die Wartungs- und Investitionskosten. Es kommen aus diesem Grunde nur Maschinen der Größenordnung fünf Megawatt in Frage, soll Aussicht auf Rentabilität bestehen.
Im Erneuerbare-Energien-Gesetz ist dem bereits Rechnung getragen. Off-shore-Anlagen werden höher subventioniert als Windräder an Land. Sie erhalten den Spitzensatz von 9,10 Cent pro Kilowattstunde nicht fünf Jahre, wie üblich, sondern neun Jahre lang. Erst danach kommt die geringere Vergütung von 6,19 Cent pro Kilowattstunde zum Tragen. Doch selbst diese Vorzugsbehandlung wird nicht ausreichen, Off-shore-Anlagen rentabel zu machen. Nach Ansicht von Dr. G. Sauer, Ministerialdirigent beim Land Schleswig-Holstein, ist für Off-shore-Anlagen mit Stromgestehungskosten von etwa 11 Cent pro Kilowattstunde zu rechnen. Sie liegen damit weit über dem Garantiepreis.
Die massive Windanlagennutzung, sollte sie realisiert werden, gefährdet wegen der unstetigen Windströme auch die Netzstabilität, die heute in Norddeutschland noch von den Generatoren der Kernkraftwerke glattgebügelt wird. Kern- und Windkraft sind also zum Mißfallen von Umweltminister Trittin "innige Schwestern im Netz", der aber erklärt, daß die Kernkraft den Ausbau der Windkraft behindere.
Die Realität holt den Idealisten sehr schnell ein. Der Kraftwerksmix enthält 30 Prozent Kernkraft, 24 Prozent Steinkohle, 28 Prozent Braunkohle, neun Prozent Erdgas, vier Prozent Wasser und nur einen Rest von fünf Prozent aus den von den Grünen mit sehr viel öffent-lichkeitswirksamer Propaganda gewünschten Energiequellen Müll, Wind und Sonne.
Ein Verfechter der Kernenergie hat vorgeschlagen, alle Sonnen- und Windfreunde können heute schon im Rahmen eines Mixangebotes der Stromversorger 100 Prozent Sonnen- oder Windenergiestrom ordern. Man kann nur dringend dazu auffordern, dies auch zu tun und nicht wegen der hohen Kosten, zum Beispiel bei einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden etwa 2.400 Euro für Sonnenenergie, dann doch wieder auf den von Energiefachleuten aufgebauten deutschen Kraftwerksmix zu etwa 650 Euro zurückzugreifen. Ein Preis, den man aus Gesinnungsverantwortung zahlen sollte, wenn man davon überzeugt ist.
Immer wieder versucht die Windkraftindustrie, die Öffentlichkeit mit Erfolgszahlen zu beeindrucken. Die meisten Bürger nehmen dies hin, da sie von der Materie wenig verstehen. Man glaubt es einfach. Überraschend ist, daß die Presse dies kritiklos hinnimmt. Da wird von 11.800 Windrädern mit einer Leistung von 9.200 Megawatt geschrieben, mit denen in einem normalen Windjahr 3,5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs gedeckt werden könnten. Bis 2030 sei sogar ein Anteil von 15 Prozent möglich. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus: Gemäß Jahresbericht 2001 des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft stieg der Gesamtverbrauch in Deutschland 2001 um 11,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (von 480 Milliarden Kilowattstunden auf 534 Milliarden Kilowattstunden). Der Anteil der Windkraft an der Gesamt-stromerzeugung stieg aber nur von 1,8 Prozent auf 2,15 Prozent. Das heißt, daß die jährliche Stromverbrauchszunahme in Deutschland zur Zeit etwa fünfmal so groß ist wie die gesamte Jahresstromerzeugung aus der Windkraft. Das bedeutet für die Windkraft bei einer auf Wachstum orientierten Wirtschaftsordnung ein verlorenes Rennen. Außerdem kann kein Kohle- oder Kernkraftwerk abgeschaltet werden, selbst wenn Hunderttausende Windkraftanlagen gebaut würden. Es sei denn, das Speicherproblem elektrischer Energiemengen könnte gelöst werden.
Die berechtigte Frage ist: In welchem Ausmaß kann die Windkraft in Deutschland überhaupt genutzt werden? Die Antwort ist deprimierend, leider sind die Verfügbarkeit und ihre Wirtschaftlichkeit nicht gegeben. Windkraftanlagen verhalten sich grundlegend anders als Kraftwerksanlagen. Sie sind eine von natürlichen Verhältnissen abhängige instabile Versorgung mit entsprechend großen Schwankungen. Das Bestreben der Windkraftbetreiber geht dahin, Windparks zu vernetzen und nur an Knotenpunkten den Strom ins allgemeine Netz einzuspeisen. Dies wird aber den Nachteil der instabilen Verfügbarkeit im Verbrauchernetz nicht beheben.
Die 11.800 Windräder mit einer Anschlußleistung von 9.200 Megawatt erzeugten im letzten Jahr 11,5 Milliarden Kilowattstunden. Damit war jede Anlage, bezogen auf ihre Durchschnittskapazität, 1.250 Stunden im Jahr in Betrieb. Das sind genau 14,3 Prozent der 8.760 Jahresstunden.
Oft wird der wirtschaftliche Nutzen als Motivation angeführt. Die Windkraftbranche beschäftigt in Deutschland allein 35.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet etwa 3,5 Milliarden Euro. Es wird nur vergessen, daß der Boom durch per Gesetz erzwungene Abgaben aufrechterhalten wird. Im Jahre 2001 hat Wirtschaftsminister Müller erklärt, "für jeden Arbeitsplatz in der Windenergie gibt der Steuerzahler 350.000 Mark (175.000 Euro) und für einen Arbeitsplatz im Bergbau 100.000 Mark (50.000 Euro) aus". Im Gegensatz zur Kohle werden die Windsubventionen per Erneuerbare-Energien-Gesetz dem Bürger unmittelbar auferlegt und damit der politischen Subventionsverantwortung entzogen. Prof. Alt aus Aachen bezeichnet die Sonnen- und Windenergie als Dauersubventionsfalle. Unter diesem Schutz konnte und kann sich eine in der Welt führende Industrie entfalten, die zu erhalten durchaus im Rahmen der Eigenwirtschaftlichkeit sinnvoll ist. Es ist aber unsinnig, sie als Primärenergieersatz auszuweisen.
Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung, entsprechend etwa 750 Millionen Haushalte mit zwei Milliarden Menschen, sind ohne Anschluß an eine Stromversorgung. Diese Haushalte befinden sich besonders in den ländlichen Gebieten Afrikas und Asiens. Eine netzgebundene Versorgung ist hier sehr aufwendig und oft unmöglich. Hier eignen sich Windanlagen für eine dezentrale Versorgung, da es in vielen Fällen auch nicht auf eine kontinuierliche Versorgung ankommt.
Offshore-Windpark: Die auf hoher See stationierten Windräder bieten einen Kompromiß zwischen Klima- und Naturschutz.
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