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Raus aus der Bruchbude

 
     
 
In einem Punkt sind sich alle Parlamentarier einig: Das Landtagsgebäude in Potsdam ist marode. Schon der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte respektlos über die "Bruchbude" gespöttelt. Außerdem ist die ehemalige Reichskriegsschule, in der zu DDR-Zeiten die Potsdamer SED-Bezirksleitung residierte, für ein modernes
Parlament viel zu eng und verwinkelt, und die Lage auf dem Brauhausberg hoch über Potsdam und seinen Bürgern ist auch nicht gerade ein Symbol für lebendige Demokratie.

Eine Grundsanierung würde 80 bis 90 Millionen Euro kosten. Die enorme Summe kommt durch den notwendigen Erweiterungsbau zustande, der den neuen Plenarsaal aufnehmen soll. Der muß - im Vorgriff auf eine Länderfusion - auch für Berliner Abgeordnete genügend Platz bieten.

Für 90 Millionen Euro wäre auch ein Neubau auf dem Grundriß des 1960 von den Kommunisten abgerissenen Stadtschlosses zu haben, inklusive Tiefgarage, allerdings nur mit "modern-funktionaler" Fassade. Im Innenhof soll auf jeden Fall ein kreisrunder Plenarsaal entstehen wie in Dresden. Einige Potsdamer Parlamentarier haben sich im sächsischen Landtag kundig gemacht und waren begeistert vom Raumerlebnis. Eine vorgehängte Knobelsdorffsche Schloßfassade würde nochmals rund 15 Millionen kosten. Die müßten privat aufgebracht werden. Städtebaulich wäre das gewiß die beste Lösung. Eine hessische Immobilienfirma soll bereits Interesse am Haus auf dem Brauhausberg bekundet haben, das sie zum Hotel und zur Nobelwohnanlage umbauen will. Dadurch flössen Millionen in die Landeskasse zurück.

Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU neigen klar zur Schloßvariante, doch viele Abgeordnete fürchten sich, in Zeiten von Hartz IV ihrer Wählerbasis ein Schloßprojekt zu vermitteln. Unmut herrscht vor allem in den Berlin-fernen Regionen, denn deren finanzielle Förderung will die Landesregierung drastisch zurückfahren. Sachlich gibt es dazu zwar keine Alternative, doch Ministerpräsident Platzeck (SPD) sah sich aufgrund der Proteste schon genötigt, das Inkrafttreten seines Kürzungsplans um ein Jahr zu verschieben.

SPD und CDU verfügen gemeinsam über 53 der 88 Landtagssitze. Bei getrennten Abstimmungen, an denen 45 Abgeordnete teilnahmen, gab es immerhin elf Gegenstimmen und Enthaltungen zur Schloßfassade, vor allem in der SPD. Eine Mehrheit ist also keineswegs sicher, zumal PDS und DVU die Schloß-Pläne ablehnen. Die DVU sieht eine Gelegenheit, die Regierung vorzuführen und sich als Vertreter der "kleinen Leute" zu profilieren.

Das will auch die PDS. Für sie geht es aber noch um etwas anderes. Ein Neubau auf dem Schloßareal, erst recht mit historischer Fassade, würde als Wiedergutmachung für die Zerstörung des Schlosses durch die SED verstanden werden. Stimmte die PDS diesen Plänen zu, würde sie einräumen, daß sie als SED schweres Unrecht auf sich geladen hat. Das wollen die Genossen vermeiden. Deshalb verschanzen sie sich hinter verkehrstechnischen Argumenten. Sie bestreiten nicht die Notwendigkeit eines Neubaus, wollen diesen aber direkt an der Havel plazieren, wo heute die provisorische Wellblechhalle des Hans-Otto-Theaters steht. Das Meinungsbild ist allerdings auch unter den PDS-Abgeordneten keineswegs einheitlich.

Um die Situation zu entspannen, haben Abgeordnete vorgeschlagen, daß Berlin sich an den Kosten für den späteren gemeinsamen Landtag beteiligen solle. Postwendend kam aus der bankrotten Hauptstadt der Vorschlag, ein gemeinsames Landesparlament könne doch ins Berliner Abgeordnetenhaus ziehen, das erst vor wenigen Jahren aufwendig saniert wurde. Die Entscheidung hängt somit weiter in der Schwebe. Die SPD-Fraktion in Potsdam hat das Jahr 2011 als Umzugsdatum schon mal aus ihrem Antrag gestrichen.
 
     
     
 
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