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Guido Westerwelle gab kürzlich bei einem Empfang in der Parlamentarischen Gesellschaft eine Anekdote über den Beginn seiner Politikerkarriere zum Besten: Er wollte für das Europaparlament kandidieren. Damals Vorsitzender der Jungen Liberalen, wandte er sich schriftlich an den damaligen FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff.
Lambsdorffs Rat fiel kurz und knapp aus, ein Absatz nur. Der gipfelte in der kühlen Empfehlung: "Lernen Sie erstmal einen richtigen Beruf." Das nahm sich Westerwelle zu Herzen und beendete sein Jura-Studium, um dann einige Jahre in diesem Beruf tätig zu werden. Deswegen steht hinter seinem Namen auch eine "richtige" Berufs bezeichnung: Rechtsanwalt.
Während bei den Linken Taxifahrer oder Studienabbrecher schnell zu den beliebtesten Führungspersönlichkeiten aufsteigen, legen die Wähler von Union und FDP mehr Wert auf "gestandene Persönlichkeiten", möglichst mit Frau und Kind, Haus und Hof.
Der Berliner CDU-Aufsteiger Mario Czaja weiß, worauf es ankommt. Der heute 30jährige hat nach der Wende schnell begriffen, wie Politik in einer Demokratie funktioniert: Parteiamt übernehmen (1994), sich ins Kommunalparlament setzen (1995), zum Abgeordneten hochdienen (1999). Inzwischen ist er sogar Vizefraktionsvorsitzender im Berliner Landesparlament. Mal fungiert er hier als wissenschaftlicher, mal als gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Er ist eben ein Multitalent.
Czaja kommt aus dem "Osten" und ist schon aufgrund seines Alters so etwas wie der "Hoffnungsträger Ost" der Berliner CDU. Friedbert Pflüger nannte neulich Czajas Namen, als er nach seinen Beratern gefragt wurde, und selbst zur Kanzlerin soll Czaja guten Kontakt haben.
Wer soviel mit der hohen Politik befaßt ist, hat für seine eigene Ausbildung nur wenig Zeit. Schon beim Abitur wurde gemunkelt, er sei in Wirklichkeit durchgefallen, als er fröhlich verkündete, er habe bestanden. Auf der Internetseite des Berliner Parlaments ist seit kurzem nur noch der Besuch des Gymnasiums vermerkt, von einem Abschluß ist keine Rede mehr. Getilgt wurden auch die "Russischkenntnisse", die sich Czaja bis vor kurzem selbst zugeschrieben hatte.
Jetzt hat der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu allem Überfluß noch die "Universität" Teufen in der Schweiz aufgesucht, an der Czaja seinen Titel als Diplom-Ökonom erworben haben will. Wie sich herausstellte, handelt es sich nicht um eine herkömmliche Akademiker-Einrichtung. Die "Uni" Teufen besteht aus Briefkästen und Büros. Ihre Titel sind in Deutschland staatlicherseits nicht anerkannt.
Die ganze Partei ist jetzt in heller Aufregung, zumal Czaja nicht richtig auf die Enthüllungen reagieren kann. Er ist zu Besuch in den USA: Wenn er wieder da ist, wird er einiges zu erklären haben. Vor allem gegenüber Pflüger, der ihn angeblich in sein Schattenkabinett holen wollte. Vielleicht wird Pflüger ihm sagen, daß es nicht ausreicht, nur jung zu sein und aus dem "Osten" zu kommen. |
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