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Der Minderheitenschutz ist eine gute und wichtige Sache. Man kann ihn aber auch, wie jetzt in Österreich geschehen, auf eine einseitige Art und Weise interpretieren, die verhängnisvoll sein kann - nicht zuletzt für das friedvolle Zusammenleben aller Bevölkerungsteile.
Mitte Dezember entschied das österreichische Verfassungsgericht in Wien, daß die bisherige Gesetzesregelung verfassungswidrig ist, wonach Kärntner Ortschaften mit einem slowenischen Minderheitenanteil von mindestens 25 Prozent zweisprachige Ortsschilder anbringen mußten. Statt dessen sind nun innerhalb eines Jahres auch solche Orte dazu verpflichtet, die nur über zehn Prozent Slowenen zählen.
Der FPÖ-Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, zahlreiche andere freiheitliche Politiker und auch die mit den Verhältnissen des Bundeslandes gut vertraute örtliche SPÖ-Gliederung (nicht jedoch der Wiener Koalitionspartner ÖVP!) sind empört.
Schließlich liegt der Anteil der umfassend geförderten slowenischen Volksgruppe in Kärnten bei nur 2,7 Prozent. Was also soll ein derartiges Zugeständnis, das weit über internationale Standards hinausgeht? Anders sähe es aus, so fügen Kritiker hinzu, wenn wenigstens einige substantielle Zugeständnisse seitens der Republik Slowenien zu verbuchen wären.
Doch diese lehnt eine Distanzierung von den mit den Benesch-Dekreten vergleichbaren AVNOJ-Bestimmungen nach wie vor ab. Führende Politiker sind sich nicht zu schade, die Diskriminierungen als „Basis für die slowenische Staatlichkeit“ zu bezeichnen. Zudem weigert sich Laibach hartnäckig, die Reste der einst 100 000 Deutschen auf dem eigenen Territorium als Minderheit offiziell anzuerkennen.
Haider erklärte angesichts der Sachlage erbost, daß die vom Verfassungsgericht vorgeschlagene Änderung solange nicht umgesetzt würde, solange er im Amt sei. Er kündigte eine Volksbefragung an und forderte den Rücktritt des Verfassungsgerichtspräsidenten Adamovic. Dieser habe ihm sogar eine Aussprache zum Thema slowenische Minderheit verweigert.
Auch der Wiener FPÖ-Fraktionschef Westenthaler nannte das Urteil „skurril“ und führte es darauf zurück, daß das Gericht mit „zuordenbaren“, sprich: ideologisch klar vorbelasteten Richtern, besetzt sei. - Ganz falsch dürfte er nicht liegen. Vielleicht ging es diesen wirklich nur darum, den Freiheitlichen und ihren Kärntnern eins „auszuwischen“.
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