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Schlesien: Aufregung in OS

 
     
 
Für große Aufregung im oberschlesischen Regierungsbezirk Oppeln hat eine neue Liste des Wojewoden Leszek Pogan (SLD) gesorgt, derzufolge 21 deutsche Kriegerdenkmäler verändert werden sollen.

Die Liste sei das Ergebnis der Arbeit einer "Denkmalkommission", die in seinem Auftrag die Gedenkstätten überprüft habe, ließ Pogan verlauten. Diese Kommission war im vergangenen Jahr gegründet worden, nachdem das Kriegerdenkmal in Sczedrzik (Gemeinde Turawa) landesweit für Empörung gesorgt hatte.

Am dortigen Denkmal tauchte im Rahmen des dazugehörigen deutschsprachigen Textes auch der 1936 zwangsweise eingeführte Ortsname "Hitlersee" auf, obwohl dieser seit einer behördlichen Verfügung von 1996 dort nicht mehr hätte stehen dürfen.

Bei den weiteren nunmehr beanstandeten Denkmälern monieren die "Experten" ebenfalls der Gebrauch von nach 1933 eingeführten Ortsnamen oder das Fehlen polnischsprachiger Übersetzungen
der deutschen Beschriftungen.

Des weiteren wird die Verwendung von Eisernen Kreuzen als militärisches Emblem und "nationalsozialistisches Symbol" abgelehnt. Auch dürfen die Texte ausdrücklich nur "Opfern des Krieges" gedenken und beispielsweise keine erinnernden Worte an "Angehörige der Wehrmacht" beinhalten.

Einheimische Deutsche sind darüber verärgert, daß der Wojewode zunächst nicht die Verantwortlichen in den betroffenen Ortschaften informierte, sondern die unerfreulichen Neuigkeiten über die regionalen Medien verbreiten ließ. Ob der Wojewode diesen Weg aus Mangel an politischer Feinfühligkeit für dieses Reizthema wählte oder in der Hoffnung auf größtmögliche persönliche Anerkennung in der polnischen Öffentlichkeit, mag diskutiert werden. Sicher ist jedenfalls, daß Pogans unprofessionelles Management dazu geführt hat, daß polnische Medien und Politiker sich des Themas in aller Breite und sehr unausgewogen annahmen.

Der Kommission gehört kein einziger deutscher Vertreter an. Außerdem stellt sich die Frage, inwieweit diese "Experten" überhaupt dafür geeignet sind, über Symbolik und Textinhalte der deutschen Kriegerdenkmäler ohne Vorbehalte urteilen zu können.

Daß hier durchaus Skepsis am Platze ist, zeigt das Beispiel des Denkmals von Groß Döbern. Zwar ist dieses für ein gewöhnliches Gefallenendenkmal in der Tat "überproportioniert". Doch im Vordergrund der Kritik steht ausschließlich eine etwa zwölf Quadratmeter große Flachskulptur, die - so die Kommission - "marschierende Soldaten mit Gewehren" zeige (die dann in den Medien freilich nur als "Nazi-Soldaten" bezeichnet wurden und bei Pressefotografen reges Interesse fanden).

Wie dieses Denkmal aber genau aussieht und was es im Detail aussagen will, schien den Journalisten weniger wichtig zu sein. In der öffentlichen Darstellung mußte Groß Döbern jedenfalls als Beispiel dafür herhalten, wie ungenügend die deutsche Minderheit die polnischen Gesetze achte und wie sie Symbolen anhänge, die den Nationalsozialismus verherrlichten.

So kommentierte jedenfalls der nationalkatholische Sejmabgeordnete Jerzy Cerwinski den Fall und ermunterte dazu, eine Einsatztruppe zu formieren, um die von der Kommission genannten Denkmäler gewaltsam zu verändern.

Dabei handelt es bei dem Denkmal in dem westlich von Oppeln gelegenen Dorf mitnichten um eine steinerne Beschwörung von Militarismus und NS-Geist, sondern viel eher um einen Protest gegen den Krieg. Das Groß Döberner Kriegerdenkmal entstand 1931 und zeigt auf der rechten Seite die besagten Soldaten, die ins Nichts marschieren. Linker Hand ist eine weitere große Flachskulptur mit drei trauernden Frauen zu sehen. Außerdem findet man am Übergang zwischen den Rückwänden zweier Kapellen ein großes Kreuz mit deutschen und polnischen (!) Texttafeln und kleinere Hügel mit Kreuzen, die unbekannte Gräber auf dem Schlachtfeld symbolisieren. - Dennoch soll das Denkmal nach dem Willen des Wojewoden verändert werden.

Vor allem die Warschauer Regierung scheint am neuerlichen Denkmalstreit in Oberschlesien interessiert zu sein. Minister Andrzej Przewodnik erweckte bei seiner notwendig gewordenen Visite in Oppeln jedenfalls keinen gegenteiligen Eindruck. Auf Denkmälern in Polen könne laut Przewodnik keinen deutschen Soldaten gedacht werden, denn dafür gebe es inzwischen zehn große Kriegsgräberstätten im Lande. Formulierungen wie "Angehörige der Wehrmacht" stellen seiner Ansicht nach eine Huldigung des Aggressors dar. Zudem sieht er das Eiserne Kreuz als ein eindeutiges "nationalsozialistisches Symbol", desgleichen die vielfach abgebildeten Helme. "Das Eiserne Kreuz gibt es heute nirgends in Europa", sagte der Minister.

Przewodnik, der für unüberlegte Äußerungen bekannt ist, kündigte nach seinem Besuch an, die Verwaltung zu einer "konsequenten" Durchsetzung der Änderungen anzuhalten, um der "seit 1990 anhaltenden Diskussion ein endgültiges Ende zu setzen". Die Rzeczpospolita zitierte ihn sogar mit der höchst bemerkenswerten Drohung, daß die Deutschen an der eiligen Lösung der Denkmalproblematik interessiert sein sollten. "Denn wenn wir das Problem nicht selber lösen können, werden wir von der EU dazu gezwungen werden."

Der deutsche Sejmabgeordnete Heinrich Kroll widersprach Przewodnik und der Kommission. Lediglich über die nach 1933 eingeführten Ortsnamen könne noch diskutiert werden. Ansonsten werde in den Dörfern nichts mehr verändert. Nirgends sei vorgeschrieben, wie die Denkmäler auszusehen hätten. "Wenn die Polen das Eiserne Kreuz nicht wollen", erboste sich Kroll, "sollen sie aus der NATO austreten. Denn dummerweise ist das Eiserne Kreuz das Hoheitszeichen der Bundeswehr." Der Oppelner Staatsanwalt Roman Wawrzynek bestätigte Kroll in dessen Ansicht. Seine Behörde könne im Eisernen Kreuz oder in anderen kritisierten Denkmalsbestandteilen keine NS-Symbolik erkennen.

Seit Ende Januar sind beide Seiten um Schadensbegrenzung bemüht. Die telefonische Ankündigung von Bombenanschlägen auf deutsche Denkmäler am kommenden 3. Mai, die bei einer Lokalzeitung eingegangen war, wird offensichtlich von den Behörden sehr ernst genommen.

Der regionale Verfassungsschutz bestätigte Sicherungsmaßnahmen für deutsche Denkmäler. Und der Wojewode mußte der Presse zugestehen, daß seine Behörde Kenntnisse darüber besitze, daß bestimmte Kreise an einer Destabilisierung der Oppelner Region interessiert seien und den neuen Streit auszunutzen versuchten.

In diesen Tagen berief der Wojewode den deutschstämmigen Norbert Lyssek (SLD) zum neuen Minderheitenbeauftragten und wies ihn an, den Konflikt zu beenden. Geschehen soll dies, so Pogan, innerhalb der nächsten beiden Monate - rechtzeitig vor der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Polens am 8. Juni.
 
     
     
 
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