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Ein Bürger liest beim Morgenkaffee seine Zeitung. Es ist die einzige Zeitung der Landeshauptstadt - oder sagen wir lieber: der Stadt, in der die schleswig-holsteinische Landesregierung ihren Sitz hat. Daher muß er sie lesen, wenn er erfahren möchte, was in seiner Stadt so passiert. Allerdings ist auf der ersten Seite - für so wichtig hält die Redaktion diese Meldung - zu lesen, daß die Polizei ein Waffenlager entdeckt habe. Es handelt sich um mehrere Schußwaffen, die vor geraumer Zeit aus dem Haus eines Schützenvereins gestohlen worden waren. Tatverdächtige hat man geschnappt: "Alle gehören nach Angaben der Polizei der rechten Randszene an. Ein politischer Hintergrund wird jedoch nicht vermutet."
Nun hatte der Bürger schon häufiger Berichte in seiner Zeitung über kriminell e Machenschaften gelesen mit dem Zusatz, daß die Einbrecher oder die Schläger oder die Krawallmacher "der rechten Szene zuzuordnen" seien. Heute aber war er hellhörig, hatte er doch gerade an anderer Stelle einer richtigen Zeitung einen Artikel darüber gefunden, daß sich der "Deutsche Presserat eine Richtlinie gegeben hat, nach der in der Berichterstattung über Kriminalfälle von der Bekanntgabe ethnischer Merkmale abgesehen werden soll." Schreibt eine Zeitung dennoch, daß der Täter oder der Verdächtige eine Albaner oder ein Russe war, dann muß sie mit einer Mißbilligung oder einer Rüge des Presserates rechnen, denn dergleichen gilt als Diskriminierung der Ausländer.
Der Zeitungsleser beschloß, sich durch die Behauptung, Kriminelle gehörten "der rechten Szene" an, diskriminiert zu fühlen, denn als guter Konservativer zählte er sich weder zum linken Spektrum noch zur Mitte, die alles und nichts war, sondern nur zu den Deutschen und fühlte sich dabei nicht einmal unwohl. Er war also ein Rechter.
So beschloß er, den Leiter der für sein Gebiet zuständigen Polizeidirektion in einem Brief zu fragen, warum man es für berichtenswert hielt, daß ordinäre Einbrecher und Diebe "der rechten Szene" angehörten, obgleich, wie die Polizei betont hatte, die Tat keinerlei politischen Hintergrund hatte.
Es verging eine längere Zeit, bis der Polizeidirektor einen in kühlem Ton abgefaßten Brief schickte, in dem Fragen beantwortet wurden, die gar nicht gestellt worden waren. So verteidigte er, daß die Polizei die Öffentlichkeit über die aufgeklärten Waffendiebstähle informiert habe. Sie habe "aufgrund vorhandener Erkenntnisse" in einer Pressemitteilung die Medien davon informiert. "Die von der Polizei verwendeten Begriffe (also daß die Verdächtigen ‚der rechten Szene angehörten) sind auch inhaltlich allgemein bekannt und nicht falsch zu interpretieren. Sie berühren in keiner Weise diejenigen, die sich als Konservative sehen." Dieser Satz läßt aufhorchen. Unser Bundeskanzler hat bekanntlich vor einigen Jahren lauthals zum "Kampf gegen Rechts" aufgerufen. Und dazu sollen nun nach Auskunft des Polizeidirektors Konservative nicht gehören? Wozu zählt man denn gemeinhin die Konservativen? Doch wohl kaum zu den Linken oder den Mittigen. Schwebt der Konservative im luftleeren Raum? Vielleicht sollte sich unser Polizeidirektor einmal an den Bundesinnenminister wenden, um ihn zu bitten klarzustellen, daß Konservative nicht gemeint sind, wenn zum "Kampf gegen Rechts" geblasen wird.
Die Frage des Briefschreibers, ob man etwa zukünftig jeden, der einer Straftat verdächtig ist, einem politischen Lager zuordnen will, hat den Polizeichef "irritiert". Er schließt seinen Brief mit der Behauptung, daß die Polizei eine solche Verfahrensweise bislang nicht praktiziert habe und es auch künftig nicht tun werde. Der kritische Bürger möchte widersprechen unter Hinweis auf den vorliegenden Fall, in dem die Polizei dezidiert auf die politische Lagerzugehörigkeit der Einbrecher hingewiesen hat. Aber vielleicht besinnt man sich ja und unterläßt fürderhin die Diskriminierung eines politischen Lagers, und sei es des rechten. Andernfalls könnte man sich einmal an den Deutschen Presserat wenden, um ihn unter Hinweis auf das Verbot, bei Straftätern die Volkszugehörigkeit zu nennen, zu fragen, ob es nicht ebenso diskriminierend sei, einen Verdächtigen einem politischen Lager zuzuordnen, auch wenn die Tat überhaupt keinen politischen Hintergrund hat. Dr. Hübner
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