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Slowakei

 
     
 
Nicht nur für Deutschland brachte das letzte Septemberwochenende innenpolitische Veränderungen ersten Ranges, sondern auch für die kleine Slowakei: Ein neues Parlament wurde gewählt, die alte Regierung abgelöst.

Der slowakische Wahlkampf war von Anfang an mit äußerster Härte, mit Diffamierungen und zuletzt mit Mobilisierung der Straße geführt worden. Seit vier Jahren wurde die Slowakei von einer Koalition der "Bewegung für die demokratische Slowakei (HZDS), "Slowakischen National
partei" (SNS) und der "Arbeitervereinigung" regiert. Tonangebend in dieser Koalition war die HZDS, geführt von Vladimir Meciar.

Die Opposition bestand aus sieben Parteien, die programmatisch das ganze Spektrum von links nach rechts abdecken. Der einzige gemeinsame Nenner dieses Bündnisses besteht in der abgrundtiefen Ablehnung Meciars und seiner autokratischen  Regierungsmethoden. Fünf Oppositionsparteien vereinigten sich schließlich zum Wahlbündnis "Slowakische demokratische Koalition" (SDK).

Nach zwei Wahltagen stand das Ergebnis in den späten Nachtstunden am 26. September fest. Wahlsieger blieb die HZDS mit 27 Prozent, allerdings mit fast 8 Prozent Verlust gegenüber 1994. Die Fünferkoalition SDK kam auf 26,3 Prozent, die "Partei der demokratischen Linken" (SDL) auf 14,7. Den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafften drei weitere Parteien: die "Slowakische Nationalpartei" (SNS – 9 Prozent), die "Partei der ungarischen Koalition" (SMK – 9 Prozent) und die neu gegründete "Partei der bürgerlichen Verständigung" (SOP – 8 Prozent).

Für Meciar bedeutet das Wahlergebnis den Verlust der fast absoluten Macht. Wer ist eigentlich dieser Politiker, der sich so polarisierend auswirkte? Er tauchte gleich nach der Wende 1990 auf. Die KP-Mitgliedschaft verlor er in den Säuberungen Anfang der 70er Jahre, doch konnte er unbehelligt als Betriebsjurist weiterarbeiten. Sportlich tat er sich als Boxer hervor, was ihm heute manche Sympathie einbringt. Seit 1990 verfolgte er den Plan der slowakischen Eigenständigkeit. Als Ministerpräsident der slowakischen Teilrepublik im Rahmen der Tschechoslowakei setzte er sich massiv für die slowakische Unabhängigkeit ein, das führte seinerzeit auf Betreiben Prags zu seinem Sturz.

Bei den Wahlen 1992 setzte er voll auf den Zerfall der Tschechoslowakei und vollendete schließlich Hand in Hand mit dem Tschechen Vaclav Klaus die Teilung der 1918 künstlich geschaffenen Republik. Als erster Ministerpräsident der unabhängigen Slowakei entwickelte er einen Regierungsstil, der nicht immer demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprach. Viele seiner engsten Mitarbeiter verließen ihn deshalb oder wurden gar seine Gegner. 1994 wurde er gestürzt, gewann aber die vorgezogenen Wahlen und regierte vier Jahre weiter.

Außenpolitisch bewegte er sich zwischen Nato und Rußland. Bei der jetzigen Schwäche Rußlands führte seine Politik allerdings dazu, daß er sich zwischen alle Stühle setzte. Seine rechtsstaatlich fragwürdige Politik war der eigentliche Grund dafür, daß die Slowakei weder zur Nato noch zur Europäischen Union eingeladen wurde.

Der Anti-Meciar-Block wird nun eine Regierung bilden. Allerdings dürften sich die Verhandlungen sehr schwierig gestalten. Die SDK besteht aus fünf Parteien, Sozialdemokraten auf der einen, Christdemokraten auf der anderen Seite. Dazwischen Liberale aller Schattierungen. Als Koalitionspartner bietet sich die postkommunistische SDL an. Auch die SOP, die von dem Karpatendeutschen Rudolf Schuster, zur Zeit populärer Oberbürgermeister von Kaschau, geführt wird, wird man benötigen. Ob eine derart breite Koalition über vier Jahre bestehen bleiben kann, ist fraglich.

Die neue Regierung wird unter Führung von Mikulas Dzurinda (SIK) als Regierungschef gebildet werden . Als Partner dürften sich SDL und SOP, möglicherweise auch die ungarische SMK anbieten. Vor allem die SDK wird die Fehde des Wahlkampfes weiterführen und versuchen, die HZDS mit allen Mitteln politisch zu liquidieren. Gefahren könnten dem heterogenen Parteienbündnis drohen, wenn es der neuen Regierung nicht gelingen sollte, die wirtschaftlichen Probleme zu meistern. Dann könnte bei Neuwahlen nochmals die Stunde für Meciar schlagen.

 

 
     
     
 
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