Starkes Stück Brandenburg

Welche Tücken die deutsch-polnischen Beziehungen enthalten, das erfuhren jetzt erneut die Brandenburger be der Vorbereitung des Brandenburg-Tages am 2. September. Gastgeber des Landesfestes unte dem Motto "Starkes Stück Brandenburg" ist das Land, von dem freilich ein Stüc fehlt, nämlich das östliche Brandenburg. Und wo sonst im Lande, wenn nicht in Frankfur (Oder), fällt dem Betrachter so deutlich auf, daß Brandenburg sich ja eigentlic östlich über die Oder hinaus erstreckt?

Dieser Teil der Betrachtung wird geflissentlich ausgelassen. Man muß aber auch leide sagen, daß es der Mehrzahl der Brandenburger und speziell der Festgestalter nicht meh bekannt ist, daß es ein östliches Brandenburg gibt. Und diejenigen, die vom östliche Brandenburg wissen, schweigen.

Heute will sich Frankfurt als deutsch-polnische Grenzstadt präsentieren

; die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) soll das Image aufpolieren. Ganz vo Zeitgeist geprägt wollte man auch nicht über den Verlust der brandenburgischen Neumar klagen oder um die bei der Vertreibung umgekommenen Zivilisten trauern. Im Gegenteil, ma freute sich über seine neuen polnischen Nachbarn. Frankfurts Oberbürgermeister Wolfgan Pohl bezeichnete die Oderregion als "ein Sinnbild für die enge Zusammenarbeit un das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Polen in zwei Schwesterstädten, die enge kaum zusammen liegen können." Wahrlich, damit hat der Oberbürgermeister schö umschrieben, daß es sich bei der Frankfurter "Schwesterstadt" Slubic eigentlich um den Frankfurter Stadtteil Damm-Vorstadt handelt. Getragen vom Geist de guten Nachbarschaft wollten die Partnerkommunen zum Brandenburgtag einladen. Anfang hielten die deutschen Gastgeber ihre Idee für gut, und die polnischen Kommunen wollte gerne kommen. So sollten am Brandenburgtag in Frankfurt (Oder) auch die polnische Stadtverwaltungen aus Küstrin und anderen Städten teilnehmen.

Doch auf den zweiten Blick fiel den Polen auf, daß sie das nicht akzeptieren können denn sonst würden sich ja unter dem Schlagwort Brandenburg auch die Städte Landsberg a der Warthe, Küstrin und Slubice (Frankfurt-Dammvorstadt) präsentieren. Also sagten die polnischen Kommunen ihre Teilnahme am Brandenburgtag schleunigst ab und organisierten ei eigenes Fest, und zwar den sogenannten Lubusker Tag, der ebenfalls am 2. September in de Damm-Vorstadt stattfindet.

Und so werden sie sich am 2. September gegenüberstehen und höchst unfreiwillig dara erinnern, daß die Mark Brandenburg geteilt ist. Vielleicht findet diese Teilung aber bal schon ein Ende, denn – darauf muß man achten – das polnische Fest trägt de Namen Lubusker Tag. Der Name leitet sich – wie unschwer zu erkennen ist – vo der Stadt Lebus ab. Die Stadt Lebus war im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt un Bischofssitz; heute ist sie nach deutschem Verständnis eine unbedeutende, idyllisc gelegene Kleinstadt an der Oder. Nach polnischem Verständnis ist sie eine urslawische also urpolnische Stadt in einer "westpolnischen" Provinz. Die Polen bezeichne heute die Region östlich von Küstrin und Frankfurt (Oder) als "Lebuser Land" Die Hauptstadt dieser Region ist Lebus. Das Problem aber ist, daß Lebus westlich der Ode liegt und zur Bundesrepublik Deutschland gehört. Noch.

Friedrich Nolopp