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Ich bin eine Frau! Nicht daß diese Erkenntnis an sich neu ist. Nein, wahrhaftig nicht, aber die Erkenntnis, daß ich mich wie eine Frau verhalte, ist zugegeben neu und mir nicht sonderlich genehm.
In der Schule hatte man uns doch erklärt, daß die Unterschiede zwischen Mann und Frau hauptsächlich Folgen der geschlechtsspezifischen Erziehung in unserer zu reformierenden Gesellschaft seien, nun aber bekommt diese Weisheit Risse. Das australische Ehepaar Pease schreibt über diese Erziehung: "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit werden Jungen und Mädchen auf dieselbe Art und Weise erzogen. Wir bringen ihnen bei, daß sie gleich sind und die gleichen Fähigkeiten haben. Als Erwachsene heiraten sie, wachen eines schönen Morgens auf und stellen fest, daß sie so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht." Die Autoren nehmen sich der scheinbar unerklärlichen Schwächen der beiden Geschlechter an und begründen diese mit ganz natürlichen biologische n Unterschieden. Zu gerne hätte ich dieses Buch mit dem lustigen Titel "Warum Männer nicht zuhören können und Frauen schlecht einparken" als Schwachsinn abgetan, doch die Autoren erklären alles so stichhaltig, daß man ihnen einfach glauben muß.
So sei es kein Zufall, daß ich wie viele Frauen Probleme damit habe, rechts und links zu unterscheiden. Das weibliche Gehirn arbeitet eben anders als das männliche, und auch das Einparken ist für mich tatsächlich ein stetes Rumgekurve, während ich neidisch Männer beobachte, die in atemberaubender Geschwindigkeit rückwärts in eine winzige Parklücke sausen.
Die Autoren nehmen sich aber auch der männlichen Schwächen an und erklären, warum Männer beispielsweise häufig, wenn sie lesen, nicht mitbekommen, was die Menschen um sie herum erzählen, was wiederum für viele Frauen überhaupt kein Problem darstellt, denn "Sie" kann sich auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren.
Bei vielen Anekdoten, die die Autoren aus ihren Berufserfahrungen als Kommunikationstrainer erzählen, wird der Leser bestätigend nicken, denn es gibt so viele Vorfälle, die man aus seinem eigenen Erleben schon kennt und bisher nur nicht bewußt wahrgenommen oder sich darüber geärgert hat, ohne zu wissen warum. So strebten "Männer nach Macht Erfolg und Sex, Frauen nach Beziehung, Stabilität und Liebe. Sich darüber aufzuregen, ist ungefähr so sinnvoll, wie den Himmel zu verfluchen, daß er Regentropfen zur Erde schickt - regnen wird es dennoch."
Zugegeben es klingt ziemlich schlicht, aber bei der Lektüre erkennt man, daß die Tendenz stimmt. "Sie" ist eben eher eine viel redende Schmusekatze, die versucht die Familie zusammenhalten, während "Er" häufig ein wortkargerer, rationalerer "Gasherd" ist (in Sachen Sex wird "Sie" als Elektroherd bezeichnet).
Das Ehepaar spricht in humorvollem Ton die ganze Bandbreite der menschlichen Verhaltensweisen an, und man kann sich sicher sein, daß man nach der Lektüre des Buches seinen Mitmenschen noch längere Zeit mit dem neu erworbenen Wissen Ratschläge erteilen wird. Fritz Hegelmann
Allan und Barbara Pease: "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken", Ullstein, München 2002, broschiert, 397 Seiten, 8,95 Eur |
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