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Zum 7. Mal begingen die heimatvertriebenen Deutschen in Thüringen ihr jährliches zentrales Gedenken an die Opfer des größten völkerrechtswidrigen Verbrechens der Nachkriegszeit, der Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat, an dem 1994 eingeweihten Gedenkstein auf dem Erfurter Hauptfriedhof.
Der Landesverband Thüringen des BdV hat sehr bewußt den 5. Mai, den Europatag, für sein Gedenken gewählt, um dem Erinnern an den Verlust geliebter Menschen, dem Wissen über die Art und Weise ihres Todes, dem Schmerz über die erlebte Brutaltität und Rücksichtslosigkeit, mit der den Opfern die Würde und das Recht auf Leben genommen wurde gleichzeitig die Hoffnung auf ein besseres Zusammenleben der Völker in einem vereinten und friedlichen Europa entgegenzusetzen.
Der Landesvorsitzende des BdV-Thüringen, Dr. Paul Latussek , erinnerte vor 300 Anwesenden in seiner Gedenkrede aller Opfer von Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Er mahnte mit deutlichen Worten an, daß das Schicksal der Heimatvertriebenen nicht aus dem Bewußtsein der Menschen verdrängt werden darf, wozu auch diese Gedenkstätte auf dem Erfurter Hauptfriedhof beitragen soll.
Er sagte: "Leider denken noch nicht alle Menschen so, wie es auch die Schändung dieser Gedenkstätte und die Vorfälle an der Landesgeschäftsstelle in den letzten Monaten beweisen. Wer diese Gedenkstätte zerstören wollte, wer sie geschändet hat, um das Erinnern an das Leid so vieler unschuldiger Deutscher zu behindern, hat nicht nur die Würde der Opfer mißachtet, er hat auch bewiesen, daß ihm an einer friedlichen Überwindung der Unrechtsfolgen der Vertreibung nichts liegt. Er bewegt sich außerhalb der Normen, die sich zivilisierte Völker zur Achtung der Toten gegeben haben. Es sind die gleichen Kräfte, die den Heimatvertriebenen das Andenken an ihre Heimat 40 Jahre lang in Mitteldeutschland haben rauben wollen und die heute noch immer nicht begriffen gaben, daß ihre Sicht auf die geschichtlichen Vorgänge vor und nach dem Zweiten Weltkrieg vielleicht zur Verführung gutgläubiger Jugendlicher genügt, aber niemals einer objektiven Bewertung standhalten kann. Ich kann diesen Menschen nicht einmal böse sein. Ich bedauere sie. Noch mehr aber bedauere ich, daß die Behandlung dieses Vorfalls in den Medien mit einer Sparsamkeit bedacht wurde, die im Vergleich zur Berichterstattung über Anschläge auf Einrichtungen anderer Opfergruppen als dürftig bezeichnet werden muß. Ich wäre heute sehr glücklich gewesen, wenn ich über einen Fahndungserfolg zur Aufklärung dieser Schandtat hätte berichten können. Dies ist aber nicht der Fall. Ein offizielles Zeichen des Bedauerns über diesen Vorfall ist unserem Verband von keiner der in Thüringen Verantwortung tragenden Parteien zugegangen, auch nicht von der Regierung. Die Heimatvertriebenen erwarten, daß an der Aufklärung der Schändung unseres Denkmals mit gleicher Intensität gearbeitet wird, wie in ähnlichen Fällen bei anderen Opfergruppen."
"Um so erfreulicher ist es", so Dr. Latussek, "daß Frau Ellenberger als Vizepräsidentin des Landtages, Herr Minister Dr. Pietzsch und Oberbürgermeister Ruge an der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Vertreibung teilnehmen." Minister Pietzsch brachte in seiner Gedenkrede seine tiefe Verbundenheit mit den deutschen Heimatvertriebenen zum Ausdruck und versprach, die mahnenden Worte Dr. Latusseks zur Schändung des Vertriebenendenkmals und der Haltung der Landesregierung dazu sehr ernst zu nehmen.
Das Grußwort der Stadt Erfurt überbrachte Oberbürgermeister Manfred Ruge. Er versprach, daß die Stadt auch weiterhin die Pflege der Gedenkstätte übernehmen wird. Pfarrer Dietrich von der Pfarrgemeinde Erfurt-Bindersleben sprach einfühlsame Worte. Eine würdige Umrahmung fand das Gedenken durch den BdV-Chor Sondershausen und die Bläser des "corps de musique" aus Molsdorf. M. Heim
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