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Das Ableben des österreichischen Bundespräsidenten Thomas Klestil eineinhalb Tage vor Ende seiner regulären Amtszeit brachte mit sich, was sonst nur in Monarchien oder Diktaturen vorkommt: Die ersten Verpflichtungen des neuen Staatsoberhauptes hatten mit dem Begräbnis des Vorgängers zu tun. Ein republikanisches Kuriosum war auch, daß die Befugnisse des Staatsoberhauptes in nur vier Tagen dreimal transferiert wurden: Erst auf Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der laut Verfassung bei Abwesenheit oder Amtsunfähigkeit einspringt, dann auf das Parlamentspräsidium, das im Interregnum drankommt, und schließlich auf den neugewählten Bundespräsidenten Heinz Fischer.
Die Angelobung Fischers im alten Reichsratssaal des Parlaments war feierlich, den Umständen entsprechend aber nicht festlich. Mehr als entschädigt wurde Fischer durch die zahlreichen Staatsgäste, die an Klestils Begräbnis teilnahmen, denn kaum jemals kann ein neuer Präsident gleich am Anfang so viele Persönlichkeiten treffen. Aus allen Nachbarländern waren die Präsidenten gekommen, darunter der eben vereidigte deutsche Bundespräsident Köhler. Auch zahlreiche andere europäische und nahöstliche Länder waren durch Präsidenten, Könige, Regierungschefs oder Kronprinzen vertreten.
Prominente ster Gast war Wladimir Putin, der eine 160köpfige Delegation und seinen gepanzerten Mercedes mitbrachte. George Bush ließ sich durch den gebürtigen Grazer Arnold Schwarzenegger vertreten, der aber, weil nur Gouverneur, protokollarisch weiter hinten rangierte - so wie der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Israel schickte den Tourismusminister, daheim derzeit das entbehrlichste Regierungsmitglied.
Es war jedenfalls "a schöne Leich ", wie der Wiener ein feierliches Leichenbegängnis nennt, und höchstes Lob gebührt den Sicherheitsverantwortlichen, die kaum Vorbereitungszeit hatten. Durch Indiskretionen kam mittlerweile heraus, daß Klestil in seiner Abschiedsrede massive Vorwürfe an die ihm verhaßte Regierung geplant hatte. Das änderte aber nichts an den allgemeinen Lobpreisungen für den Verstorbenen - kein Wunder, daß viele Kommentare das Sprichwort "De mortuis nil nisi bene" zitierten. Und der Boulevard wird ohnehin noch lange in privaten Details wühlen ... Prof. Dr. Küssner
Schon auf Auslandsbesuch in Ungarn: Heinz Fischer
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