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Und der Bischof weinte

 
     
 
Das lange Zeit externe Bistum Ermland wurde mit dem Preußenkonkordat von 1929 dem Erzbistum Breslau zugeordnet. Seither umfaßt die Diözes die gesamte Provinz Ostdeutschland.

Im Jahre 1940, noch bevor die großen Bevölkerungsverschiebungen durch Evakuierung un Vertreibung der Deutschen stattfinden, zählt die Diözese Ermland etwa 380 00 Katholiken.

Im Herbst 1944, nach der großen sowjetisch
en Gegenoffensive, verpflichtet de ermländische Bischof Maximilian Kaller seine Geistlichen in einem Rundschreiben, in ihre Gemeinden zu bleiben und sich nur im Falle eines Evakuierungsbefehls zusammen mit de Gemeindemitgliedern auf die Flucht zu begeben. Doch der Evakuierungsbefehl durch Gauleite Koch kommt für viele zu spät.

Bis Anfang Februar 1945 bleibt Kaller in seiner bischöflichen Residenz in Frauenburg Dann wird er durch die Gestapo verhaftet. In einem Brief an den Breslauer Erzbischo Kardinal Bertram erinnert sich Kaller: "Am 7. II. wurde ich im Keller von drei Man des Sicherheitsdienstes der Gestapo, die mit Maschinengewehrpistolen angerückt waren überrascht, aufgefordert, sofort Frauenburg zu verlassen, da das Haus geräumt werde müsse. Wenn ich nicht ginge, wären die anderen nicht zu bewegen, sich evakuieren zu lassen. Als ich wiederholt mit aller Bestimmtheit erklärte, auf keinen Fall freiwillig zu gehen, nahm man mich in ,Schutzhaft‘. …". So wurde Kaller zunächst auf die Nehrung, dann außerhalb seines Bistums, nach Danzig verbracht.

Seit dem 7. Februar 1945 ist daher Generalvikar Aloys Marquardt Leiter der Diöszes Ermland, der allerdings schon drei Tage später selbst verhaftet wird und erst am 11. Jun wieder freikommt. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich bereits viele Polen im Land Frauenburg ist fast vollkommen zerstört, und so beschließt man, den Sitz des Bistum nach Allenstein zu verlegen. In Allenstein residiert zu diesem Zeitpunkt bereits die polnische Zivilverwaltung für das südliche Ostdeutschland. Von hier aus ist man bestrebt das deutsche Element in diesem Land zielstrebig auszulöschen.

Am 23. Juli 1945 ist die Polonisierung des Landes schon im vollen Gange. An diesem Ta erreicht Generalvikar Marquardt ein Brief der Wojewodschaftsverwaltung, in dem die Polonisierung der Kirchen und des Gottesdienstes gefordert wird. Bereits wenige Tag später wird er aufgefordert, "Polen innerhalb von drei Tagen zu verlassen" Marquardt war von einem vom polnischen Landrat in Marienburg eingesetzte "politischen Pfarrer" (!) namens Majewski angeschwärzt worden. Der s titulierte Johannes Hanowski, der daraufhin zum Kapitularvikar gewählt wird, ist Pol und, wie sich ein deutscher Geistlicher erinnert, ein Nationalist, dem die Sorge um sein deutschen Schäfchen keine Herzensangelegenheit war.

Unterdessen war Bischof Kaller in Halle an der Saale angekommen. In mehreren Briefe hat er sich seither von dort an Papst Pius XII. gewandt, um ihm die Not seines Bistums zu schildern. Er bittet ihn: "… Vielleicht ist es doch möglich, in Ermlan auch weiterhin als Bischof tätig sein zu dürfen, wenn auch die Bevölkerung eine ander (polnische) geworden ist. Ich beherrsche das Polnische so weit, daß ich ohne Müh polnisch predige und mich polnisch unterhalte. Für den Fall der völligen Aussiedlung de deutschen Bevölkerung nach dem Osten, z. B. nach Sibirien, und der Unmöglichkeit fü mich, in Ostdeutschland zu verbleiben, könnte ich mich auch aussiedeln lassen und versuchen die Aussiedelung so zu beeinflussen … Ich würde dann wenigstens bei den Mensche meiner Diözese bleiben …" Am 26. Juli 1945 macht sich Kaller auf den We in seine Diözese; weite Strecken legt er zu Fuß zurück. Am 10. August trifft er in Allenstein ein. Das Mandat des Polen Hanowski erlischt damit automatisch. Der Wojewode vo Allenstein ist natürlich nicht begeistert. Kaller entwirft sofort ein Aufbauprogramm fü sein Bistum. Er will polnische Priester in die Arbeit einbinden, um so auch für sein Deutschen Gemeindemitglieder wirken zu können. Doch der polnische Nationalismus hat auc den Klerus ergriffen. Kaller schreibt: "Soweit ich gemerkt zu haben glaube, mach sich der nationale Geist vorläufig ungebührlich stark bemerkbar. Wir müssen ihn auf da tragbare Maß bringen und sehr stark daneben den Geist der hl. Kirche stellen." A 11. August trifft ein Telegramm des polnischen Primas Kardinal Augustyn Hlond aus Posen in Allenstein ein. Es ist an Marquardt gerichtet. Kaller öffnet es und liest: "Bitte u ein Treffen mit mir in Pelplin, wo ich am 16. August um 12 Uhr eintreffe." Hlond is seit 1926 Erzbischof von Gnesen und damit Primas von Polen. Auch er ist glühende polnischer Nationalist und versucht nach der militärischen Niederlage Deutschlands de deutschen Klerus umgehend aus seinen Positionen zu vertreiben. Er fordert für die "neuen polnischen Westgebiete", wie er sie bezeichnet, von Rom umgehend neu Administratoren.

Roms Antwort sind neue Vollmachten für Hlond, die sich allerdings nur auf das Gebie des polnischen Konkordats von 1925 beziehen, also Ostdeutschland nicht umfassen. Hlon "überliest" diese Passagen, wie er später behauptet. Die Folgen sind fatal Unter dem Vorwand, Rom wünsche die Absetzung des deutschen Klerus, geht er von eine Bistum zum nächsten und erzwingt so unter falschen Behauptungen den Rücktritt de deutschen Geistlichkeit.

Kurz vor dem Treffen in Pelplin, auf dem Hlond den deutschen Klerus in Ermlan "abzuwickeln" gedenkt, ist er am 12. August in Breslau. Nach dem Tod vo Kardinal Bertram versucht Hlond, den Kapitularvikar Dr. Ferdinand Piontek zum Rücktrit zu bewegen. Hlond versichert ihm wahrheitswidrig, dies sei der Wunsch des Heiligen Vaters Piontek ist entsetzt, aber er tritt daraufhin zurück. Auf den Gedanken, der Kardina könnte ihm die Unwahrheit gesagt haben, kommt Piontek gar nicht.

Für den 16. August war eigentlich ein Gespräch zwischen Kardinal Hlond und de Danziger Bischof Splett vorgesehen. Splett war jedoch einige Tage zuvor von den polnische Behörden verhaftet worden. Es kommt aber am selben Tag zu dem denkwürdigen Treffe zwischen Bischof Kaller und Hlond in Pelplin. Ein Augenzeuge, Farciszek Jank, beschreib die Zusammenkunft: "Dagegen fand sich unerwartet Bischof Maximilian Kaller vo Ermland ein, oder war vielmehr durch den Vorsitzenden der gesellschaftspolitische Abteilung der Wojewodschaft Allenstein herbeigeschafft worden … Sie fuhren a demselben 16. August 1945 in zwei Wagen gegen 11 Uhr vor der Pfarrei in Pelplin vor, in der damals Prälat Sawicki wohnte, und dort lieferten sie Bischof Kaller zusammen mi Borowiec ab … Nach dem Dankgebet wandte sich der Kardinal an Bischof Kaller "Exzellenz gestatten, mit mir zu kommen", und sie gingen zusammen in die fü den Kardinal vorbereiteten Zimmer. … Ungefähr nach zehn Minuten sah ich auf den Flu hinaus und erblickte Bischof Kaller einsam vor dem Haupteingang stehend. Ich ging zu ih hin und er weinte." Kaller selbst schreibt darüber später an den Papst: "D aus den Ausführungen des Herrn Kardinals klar hervorging, daß Eure Heiligkeit selbs meinen Rücktritt … verlangen, habe ich mich gefügt, mit dem Bemerken, daß mir de Wille des Hl. Vaters über alles gehe. … Da Herr Kardinal (Hlond) erklärte, daß ic Ostdeutschland verlassen müsse, reiste ich am 19. 8. ab." Hlond hatte also erneut mi seinem Täuschungsmanöver Erfolg gehabt, denn natürlich hatte der Papst eine entsprechenden Rücktritt keineswegs gefordert. Kaller hält sich daraufhin in Diözese in Mittel- und Westdeutschland auf. Noch einmal, Anfang September 1945, versuch Kaller über Königsberg, das ja auch zu seiner Diözese gehört und wo jetzt die Russen sic eingerichtet haben, nach Ostdeutschland zurückzukehren. Doch der Plan zerschlägt sich un wird im März 1946 endgültig abgelehnt. Kaller wird sich nun schwerpunktmäßig um die vertriebenen Gläubigen und Priester kümmern. Pius XII. bietet ihm im Juni 1946 das Am eines Päpstlichen Sonderbeauftragten für die katholischen Ostflüchtlinge an Unterdessen verteidigt Kardinal Hlond in Rom seine Vertreibung deutscher Geistlicher "Wie ich erst einige Monate später feststellen konnte, hatte ich damals diese Wort falsch verstanden …" Monate später. Doch die Fakten sind bereit geschaffen – wie geplant.

Kaller organisiert derweil die Vertriebenenseelsorge in West- und Mitteldeutschland un fragt um Geistliche an. Im Januar 1947 ernennt Kaller sogar einen Generalvikar de russischen Anteils von Ostdeutschland und der Freien Prälatur Memel. Er wird bereits End November aus Königsberg wieder ausgewiesen werden.

Am 7. Juli 1947 stirbt Kaller in Frankfurt am Main. Neuer Kapitularvikar der Diözes Ermland wird der Propst und Dekan von Elbing, Arthur Kather, der dieses Amt bis 195 innehaben wird. Der Limburger Bischof Dirichs wird zum neuen Päpstliche Sonderbeauftragten für die Seelsorge an den Heimatvertriebenen ernannt.

Inzwischen drängt der polnische Staat, in dem inzwischen die Kommunisten das Sage haben, die kirchlichen Grenzen den neuen politischen Gegebenheiten anzupassen. Das alt polnische Konkordat von 1925 wird vom polnischen Staat völkerrechtswidrig gekündigt. I den Jahren 1950/51 schließt das kommunistische Polen mit der DDR Verträge ab, die die Oder-Neiße-Linie als "endgültige" deutsch-polnische Grenze festlegen. De Staat selbst löst die Apostolischen Administraturen auf.

Als Kardinal Hlond 1951 stirbt, wird Primas Wyszynski sein Nachfolger. Auch bei ihm is das polnische Nationalgefühl stark ausgeprägt. Auch er versucht wie sein Vorgänger die Reste der deutschen Kirchengeschichte in Ostdeutschland planmäßig zu eliminieren.

Im Jahre 1955 kehrt der lange totgeglaubte Generalvikar des Bistums Ermland, Marquardt aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück. Damit umfaßt das ermländisch Domkapitel in Westdeutschland wieder zwei Mitglieder. In der Zwischenzeit ist vie passiert: 1950 haben die Vertriebenen ihre berühmte "Charta" unterzeichnet, in der sie auf Rache und Vergeltung, nicht jedoch auf ihr Recht auf Heimat, das heißt au ihr Recht auf Rückkehr verzichten.

Die folgenden Jahre sind geprägt durch die Bildung von zwei parallel existierende ermländischen Domkapiteln – eines in Westdeutschland, eines in Allenstein. Zwe Domkapitel für dasselbe Bistum, das ist kirchenrechtlich ein Unding. Und so versucht nu jedes Kapitel einen Alleinvertretungsanspruch durchzusetzen. 1963 wird dem deutsche Kapitel das Recht eingeräumt, selbst Domkapitulare zu ernennen. Rom verlangt jedoch, da dieser Entschluß geheizuhalten sei, damit Primas Wyszynski nicht verletzt werde. Sech Domkapitulare werden daraufhin von dem deutschen Kapitel geheim ernannt. Doch bereit einen Monat später soll das deutsche Kapitel auf seinen Anspruch "zugunsten de Situation in Polen" verzichten.

Schließlich bringen die Ostverträge der Regierung Brandt/Scheel die endgültig Wende: Zwar läßt der päpstliche Nuntius Bafile noch 1971 verkünden: "Der Heilig Stuhl vertritt grundsätzlich die Ansicht, daß die Bistumsgrenzen in einem Land nu geändert werden …, wenn die poltischen Grenzen einwandfrei festgelegt und allgemei anerkannt sind. Bei den ehemals deutschen Gebieten jenseits von Oder und Neiße ist dies Bedingung nach Ansicht des Heiligen Stuhls bis heute nicht erfüllt." Doch schon ei Jahr später wird das Bistum Ermland endgültig dem Warschauer Metropolitansitz "au ewig unterstellt". Das Bistum Ermland gehört damit nicht mehr zum Geltungsbereic der deutschen Konkordate. Weihbischof Józef Drazazga wird Bischof von Ermland inklusiv des zur Sowjetunion gehörigen Teils der Diözese, dem nördlichen Ostdeutschland.

Erst jetzt bricht die Zeit der Apostolischen Visitatoren in der Bundesrepublik an Ihnen obliegt die Seelsorge der deutschen Vertriebenen. Den Visitatoren von Breslau Ermland und Schneidemühl kommen in der Deutschen Bischofskonferenz "bis au weiteres" die Rechte von Titularbischöfen zu. Das Stimmrecht auf de Bischofskonferenz wird ihnen jedoch 1985 durch die neuen Statuten der Bischofskonferen endgültig entzogen, doch blieben sie noch "beratende" Mitglieder. Seit dem 10 August 1998 sind sie auch dies nicht mehr
 
     
     
 
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