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Um die vorletzte Jahrhundertwende war Paris zum beherrschenden Zentrum von Kunst und Kultur geworden, während die auch vom Tourismus bislang noch kaum entdeckte Ostseeinsel Hiddensee vielen als Inbegriff der Weltabgeschiedenheit und Rück-ständigkeit galt. Gerade deren Ursprünglichkeit war für eine ganze Reihe von Künstlern der Grund, sich - zumindest zeitweilig - auf Hiddensee oder auch an anderen Orten wie Schaan, Worpswede oder Pont Aven niederzulassen. Aber selbst für jene Künstler, die diese Zurückgezogenheit suchten, blieb Paris der Mittelpunkt des Kunstgeschehens jener Tage. Wie in einem Brennglas konzentrierten sich dort die unterschiedlichsten Kunststile und -anschauungen, um von dort weltweit auszustrahlen.
Kaum einer der Künstler konnte sich in jenen Jahren der Faszination, die von Paris ausging, gänzlich entziehen, und viele von ihnen verbrachten zumindest einige Zeit des Studiums in der französischen Hauptstadt. Andere - wie beispielsweise Elisabeth Büchsel, die schon bald nach ihrem Umzug auf die Insel im Jahr 1904 als die "Malerin von Hiddensee" bezeichnet wurde - besuchten Paris im Laufe ihres Lebens immer wieder. Aber auch jene, die Frankreich niemals einen Besuch abgestattet hatten, konnten sich der Strahlkraft der Kunstmetropole kaum entziehen: Zumindest mittelbar, nämlich über ihre Lehrer, ihre Kollegen oder - abstrakter ausgedrückt - über den vorherrschenden Zeitgeist entfaltete die Pariser Kunst in den Jahren um 1900 ihre weltweite Wirkung.
Eine Ausstellung in der Berliner Galerie Barthelmess & Wischnewski vereint 52 Werke so unterschiedlicher Künstler wie etwa Toulouse-Lautrec und Heinrich Zille oder Jules Chéret und Hans Stubenrauch. Auch wenn die deutsch-französischen Beziehungen nach dem Krieg von 1870 / 71 alles andere als entspannt waren, so gab es doch - zumindest auf künstlerischem Gebiet - einen regen Austausch, der deutlich von gegenseitiger Wertschätzung geprägt war. Trotz aller nachweislichen Einflüsse bleibt dennoch festzuhalten, daß es auch in der deutschen Kunst Tendenzen gab, die sich unabhängig von Frankreich in eine übereinstimmende Richtung entwickelten: Die Darstellung des Lichts und die Abwendung von alten überkommenen Traditionen in der Malerei prägte sowohl die französische als auch die deutsche Kunst jener Jahre und ermöglichte schließlich die Anfänge der Moderne. gbw
Die Ausstellung "Zwischen Paris und Hiddensee" in der Galerie Barthelmess & Wischnewski, Giesebrechtstraße 10 (Ecke Kurfürstendamm), ist montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr, sonnabends von 11 bis 15 Uhr geöffnet, bis 19. August.
Beliebte Motive: "An der Ostsee" (Öl, um 1920) von Kurt Haase-Jastrow und "Straßenszene in Paris" (Pastellkreide, um 1910) von Konrad v. Kardorff |
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