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Vor 50 Jahren starb ein Mann, dem die Landwirtschaft viel zu verdanken hat: Eilhard Alfred Mitscherlich. Der am 29. August 1874 in Berlin Geborene stammte väterlicherseits aus einer alten Gelehrtenfamilie, mütterlicherseits von Landwirten ab. Seine beiden Großväter waren der Chemiker Eilhardt Mitscherlich (1794–1863) und Carl Ackermann, der in der Kurmark und in Niederschlesien fünf große Güter besaß. Der Vater Gustav Alfred Mitscherlich war Arzt in Berlin.
Mitscherlich verlebte seine Jugend in Berlin und auf den Gütern der mütterlichen Verwandtschaft. Nach dem Abitur auf dem Gymnasium Friedeberg (Neumark) 1895 studierte Mitscherlich in Kiel Physik, ging aber bald zum Studium der Landwirtschaft über, studierte zwei Semester an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin (Praktikum bei Emil Fischer) und promoviert e in Kiel bei Hermann Rodewald nach dem sechsten Semester 1898 mit einer bodenkundlichen Untersuchung. Auf diesem Gebiet arbeitete er weiter im Sommer 1898 in München und dann in Kiel als Assistent und ab 1901 als Privatdozent für Landwirtschaft und Agrikulturchemie. Von 1906 bis 1941 lehrte und forschte er als Ordinarius dieses Fachs in Königsberg. Er war von 1922 bis 1941 Direktor der landwirtschaftlichen Institute, bewirtschaftete zeitweise die Versuchsgüter Waldgarten und Fräuleinhof. Von 1924 bis 1940 war Mitscherlich Sekretär der Naturwissenschaftlichen Klasse der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, von 1928 bis 1941 Vertrauensmann der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft sowie 1915/16 und 1930/32 Rektor der Albertina. 1908 heiratete er Luise Clauß, eine Schwägerin des Professors für gerichtliche Medizin Georg Puppe.
Daß Mitscherlich Rufe an andere Universitäten ablehnte, lag nicht nur an seiner Verbundenheit mit dem geselligen und wissenschaftlichen Leben in Königsberg, sondern auch daran, daß ihm die Universität und die Landwirte der Provinz Arbeitsmöglichkeiten boten, die er anderswo nicht in dieser Art gefunden hätte. Mitscherlich machte Vegetationsversuche in großem Ausmaß, studierte die Abhängigkeit der Pflanzenerträge von physikalischen Wachstumsfaktoren und schrieb unter anderem eine Bodenkunde für Land- und Forstwirte (1905/
1954). Der Staat baute seine Institute aus, die Düngemittelindustrie unterstützte seine Versuche, die Landwirte stellten ihm Parzellen für Feldversuche zur Verfügung und gründeten 1923 die Mitscherlich-Gesellschaft, deren Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Mitscherlich bis 1941 war.
Seine Forschungen verschafften ihm internationales Ansehen. Er nahm an bodenkundlichen Kongressen in Leningrad und Oxford teil, war von 1922 bis 1930 Präsident der IV. Kommission der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft. 1925 wurde er Mitglied der Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle, 1930 erhielt er die Medaille der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft. Er war Mitglied landwirtschaftlicher Gesellschaften von Schweden, Finnland und der Tschechoslowakei, Mitherausgeber der „Soil Science“, der ersten bodenkundlichen Zeitschrift der USA, und saß im Komitee der „Pedologie“, der besten bodenkundlichen Zeitschrift der UdSSR.
Wenn auch Mitscherlichs Arbeiten großen praktischen Wert für die Landwirtschaft hatten, indem durch sie die Ernteerträge gesteigert wurden, so war der theoretische Zweck doch die Erforschung formelhafter Wirkungsgesetze („Die Ertragsgesetze“, 1948).
Im September 1941 wurde Mitscherlich emeritiert und verließ bald darauf Ostdeutschland. Die Albertina ernannte ihn 1942 zu ihrem Ehrenbürger. Nach der Emeritierung bewirtschaftete er das Gut Kutschlau bei Schwiebus. 1946 übernahm er eine Professur für Agrarwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität, er wurde Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften, 1948 ernannte ihn die Universität Kiel, an der er seine akademische Laufbahn begonnen hatte zum Dr. agr. h. c. 1949 erhielt er den Nationalpreis Erster Klasse der DDR. Ein Jahr bevor er 1950 abermals emeritiert wurde, hatte er die Leitung des Forschungsinstituts zur Steigerung der Pflanzenerträge der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Paulinenaue im Havelland übernommen. Mitscherlich starb am 3. Februar 1956 in Paulinenaue Kreis West-Havelland.
Eilhard Alfred Mitscherlich |
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