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Vorbild Rio de Janeiro

 
     
 
Am liebsten hätte der rot/rote Senat die Veröffentlichung des Papiers ganz abgesagt. Das ging natürlich nicht, weil die Stadtregierung den Berliner "Sozialatlas" vorher schon groß angekündigt hatte. Also wurde er noch ein wenig umformuliert, um das Scheitern der eigenen Politik nicht ganz so jämmerlich aussehen zu lassen.

Trotzdem geht aus dem 350-Seiten-Pamphlet folgendes hervor: Berlin ist die Hauptstadt der Armen geworden. In der Stadt leben so viele Arme, wie Hannover oder Dortmund Einwohner haben. 553.000 Berliner leben von weniger als 600 Euro monatlich. Heidi Knacke-Werner, früher DKP-Funktionärin und heute PDS- Sozialsenatorin, sah bei der Pressekonferenz vor allem rot. Rot waren nämlich die Armut
sviertel in Wedding, Neukölln und Kreuzberg gekennzeichnet. Der Innenstadtbereich bildet einen Armutsring, der das Regierungsviertel umgibt. Aber auch in Randbezirken wie Mahrzahn geht der Trend zum Slum. Lokalpolitiker hatten dort noch in den 90er Jahren für ihren Bezirk damit geworben, daß er die jüngste Einwohnerstruktur habe. Das war einmal. Die Fleißigen ziehen weg. In immer mehr Plattenbauten herrscht Leerstand.

Kreuzberg hat wieder am schlechtesten von allen Bezirken abgeschnitten: Fast 30 Prozent beträgt die Arbeitslosigkeit. 17 Prozent leben von Sozialhilfe. Ein Drittel davon sind Kinder unter 18 Jahren. Das alles hat Auswirkungen: Die Menschen sterben fünf Jahre früher als in den Spitzenbezirken wie Zehlendorf. Sie haben eher Karies und neigen mehr zu Übergewicht.

Armenghettos bilden sich oft in Gegenden, wo viele Ausländer wohnen. Der türkische Filmemacher Fatih Akin, der bei der Berlinale einen Goldenen Bären für seinen Film "Gegen die Wand" erhielt, liest uns Deutschen gern die Leviten. Wenn es um den EU-Beitritt seiner Heimat geht, zum Beispiel, oder wenn er sagt, daß wir nicht mehr von Gastarbeitern reden dürften. Recht hat er! Längst sind aus Gastarbeitern Gast-Sozialhilfeempfänger geworden. 44 Prozent der in Berlin lebenden Ausländer haben nicht einmal einen Berufsabschluß. Berlin verfügt damit über ein ständig wachsendes Lumpenproletariat. Klassenkämpferin Knacke-Werner kann das eigentlich nur freuen.

 
     
     
 
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