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Webschule

 
     
 
Ein erfülltes Leben ist eingegangen in Gottes Frieden. Am 12. Mai verstarb Marie Schusdziarra, ehemals Geschäftsführerin der Webschule Lyck, deren Leiterin Bertha Syttkus war. Die Ostpreußin Marie Schusdziarra, Jahrgang 1907, war am Aufbau dieser Schule in Jablonken vom Beginn an beteiligt.

In Königsberg war 1915 der Verein für volkstümliche Heimarbeit gegründet worden. Seine Arbeit sollte alte Volkskunst
techniken neu beleben, der ländlichen Bevölkerung dadurch eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit schaffen. Um günstigen Einkauf der Werkstoffe sowie den Absatz der hergestellten Gegenstände kümmerte sich der Verein. Besondere Aufmerksamkeit galt der Hausweberei. In diesem Bereich gab es in Ostdeutschland auch eine stärkere Tradition, den angebauten Flachs auf dem Hof selbst zu verarbeiten.

Die Volkshochschulen Jablonken und Rippen wurden gegründet. Leiterin der Mädchenabteilung in Jablonken war 1928 Bertha Syttkus. In größeren Orten wurden Weblehrgänge durchgeführt, alte Webmuster wieder gewebt.

In der Volkshochschule Jablonken gab es inzwischen feste Weblehrgänge. 1936 war die Webschule auf der Ostmesse in Königsberg mit Ausstellungsstücken vertreten, die gut anka- men. Mit 400 Aufträgen kamen die Teilnehmerinnen zurück. Schließlich aber wurde die Webschule geschlossen, der BdM zog in das Haus. Der Regierungspräsident von Allenstein, Dr. Schmidt, setzte sich nachdrücklich für den Erhalt der Webschule ein. Die Stadt Lyck stellte ein Haus zur Verfügung – das unvollendete Fabrikgebäude der Färberei Schmidt in der Prostker Vorstadt.

Es galt nun, einen Träger zu finden. Die Provinz Ostdeutschland hatte in dem Verein für volkstümliche Heimarbeit eine Stelle geschaffen, die ihre Aufgabe darin sah, alte Volkskunst wieder zu beleben. Die Errichtung der Webschule sollte das gleiche Ziel verfolgen, wurde aber, da sie in ihrer Größe den Rahmen des Vereins sprengte, von der Provinz übernommen. Im November 1938 bezog die Webschule in Lyck ihr neues Domizil. Das Haus hatte 45 Internatsplätze; in der großen Werkstatt standen viele Webstühle. Es wurden Lehrlinge in dreijähriger Lehrzeit ausgebildet und Lehrgänge von sechs Wochen und drei Monaten Dauer durchgeführt.

Die Entwicklung der Webschule ging schnell voran. Nebenstellen wurden eingerichtet in Heidekrug, Bischofstein, Nikolaiken und Hohenstein. Die Leitung übernahm jeweils eine in der eigenen Werkstatt ausgebildete Gesellin. Gewebt wurden Muster der bäuerlichen Handweberei Ostdeutschlands. Förderer der Webschule war Prof. Reichwein, Leiter der Abteilung Schule und Museum im Museum für Deutsche Volkskunde in Berlin. Unter seiner Anleitung wurde handgesponnene Wolle mit Pflanzen gestärkt, um die ostdeutschen Knüpfteppiche wertvoller zu machen und den alten Musterstücken zu entsprechen.

Die Webschule Lyck stellte sich auch der Trachtenerneuerung, die aus der Jugendbewegung vor der Jahrhundertwende heraus in Ostdeutschland begonnen hatte. Bertha Syttkus berichtet: "Es war ein langer Weg, bis es zu der Erneuerung kam. Von vielen Seiten wurde ernsthaft daran gearbeitet. Eine einheitliche Tracht war in keiner der Landschaften Ostdeutschlands mehr lebendig. Es mußte mühsam aus Privatbesitz und Museen zusammengetragen werden ..." 1938 wurde auf der Ostmesse in Königsberg die Arbeitstracht vorgestellt, 1939 die Festtracht. Beide kamen beim Publikum gut an. Von vielen Frauen in der Heimat schon lange mit Freuden getragen, wurde das Ostdeutschlandkleid nach der Vertreibung zum kostbaren Besitz. Mehr noch als früher drückt es nun die Zugehörigkeit zu unserer ostdeutschen Heimat aus.

Im Oktober 1944 wurde die Webschule nach Cranz verlagert. Zuvor waren im Juli 1944 Sachen ausgelagert und in die Holzkirche des Museumsdorfes bei Hohenstein gebracht worden: Sieben Webstühle und vieles mehr ...Irene Burchert

 
     
     
 
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