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Eine Woche lang war Berlin im Juli "Welthauptstadt der Architektur". Etwa 5.000 Architekten aus mehr als 90 Ländern der Erde dis-kutierten die aktuellen Probleme der Architektur und waren auf der Suche nach gangbaren Wegen in der Zukunft. Die 1948 gegründete Union Internationale des Architectes trifft sich alle drei Jahre zu ihren Weltkongressen; in diesem Jahr zum ersten Mal in Deutschland. Der Organisation gehören heute rund 1,2 Millionen Architekten an.
Architektur ist zweifellos ein Spiegelbild auch unserer Gesellschaft. Hier zeigen sich die Wechselwirkungen zwischen Umweltnutzung und Lebensstil en, zwischen sozialen Strukturen und Bedürfnissen, zwischen Arbeits- und Konsumgewohnheiten. Architekten können durchaus dahingehend einwirken, daß die Kluft nicht allzu groß wird zwischen diesen Bereichen. Nicht zuletzt trägt ein solcher Kongreß auch dazu bei, daß die Baukultur heute neu diskutiert wird. Ausstellungen, Diskussionen und Exkursionen haben in Berlin gewiß den Blick des einen oder anderen geweitet oder gar auch auf besondere Problemstellungen hingewiesen.
Nicht zuletzt aber auch spezielle Publikationen zum Thema Architektur sind es, die das Interesse wecken können. So haben jetzt die Bauhaus Universität Weimar und die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen eine Broschüre unter dem Titel "Planen und Bauen in Thüringen 1945-1990" von Mark Escherich und Ulrich Wieler herausgegeben (132 Seiten, 65 Abb., Literaturliste und Architektenregister; gegen einen adressierten und mit 1,50 € frankierten Rückumschlag zu erhalten bei Landeszentrale für politische Bildung, Bergstraße 4, 99092 Erfurt). Bauen in der DDR war im Westen meist nur belächelt und mit dem Begriff Plattenbau abgetan worden. Wieweit das stimmt, kann man in einer bei Reimer, Berlin, erschienenen Untersuchung von Joachim Palutzki über die Architektur in der DDR (450 Seiten, zahlr. sw Abb., Literatur- und Architektenverzeichnis, brosch., 48 €) nachlesen. Ein Buch, das zugleich auch eine ganz spezielle Geschichte der DDR ist und Licht wirft auf die Schwierigkeiten, mit denen Architekten in einem totalitären Staat zu kämpfen haben.
Mark Escherich und Ulrich Wieler hingegen machten sich auf die Suche nach städtebaulichen, baukünstlerischen und innenräumlichen Errungenschaften in Thüringen, die Qualität aufweisen und stellvertretend stehen können für das Bauen in der gesamten DDR. "Trotz industrieller Serienfertigung von Bauwerksteilen und der Wiederholung ganzer Bauwerke bot das Bauen in der DDR jedoch immer Rückzugsgebiete individueller Planung. Architekten nutzten die wenigen Gelegenheiten, Einzel- und Gesellschaftsbauten, d. h. Schulen, Kindergärten, Kulturzentren, Versorungszentren oder auch kleinste Cafépavillons zu planen." Hanns Hopp jedoch, der von 1952 bis 1966 Präsident und Ehrenpräsident des Bundes deutscher Architekten der DDR war, klagte 1958 in einem Artikel in der Zeitschrift "Deutsche Architektur", das industrielle Bauen mache den Architekten schließlich überflüssig.
In beiden Publikationen findet man auch das eine oder andere Werk des 1890 in Lübeck geborenen und 1971 in Berlin gestorbenen Baumeisters, etwa das Kulturhaus des VEB Maxhütte in Unterwellenborn, die TBC-Heilstätte in Bad Berka oder einen Teilabschnitt der Stalin-Allee in Ost-Berlin.
Seine ersten Schritte als Architekt aber machte Hopp ab 1913 in Königsberg. Er errichtete die Bauten der deutschen Ostmesse, den Handelshof, das Haus der Technik, die Mädchengewerbeschule, das Park-hotel, die Lichtspielhäuser Capitol und Prisma und nicht zuletzt den Neubau des Ostmarken-Rundfunk-Hauses am Hansaring, das die Wirren des Krieges und der Nachkriegszeit überstanden hat.
Durch Zufall stieß einer unserer Leser, der heute in Bad Bevensen lebende Architekt Alfred Berg, geboren 1934 in Klemenswalde bei Heinrichwalde, Kreis Elchniederung, bei einem Besuch Tschechiens auf den Namen Hanns Hopp. In einem Antiquariat in Marienbad fand er den XVIII. Jahrgang der Monatshefte für Baukunst und Städtebau aus dem Bauwelt Verlag, Berlin, 1934. Darin liest man einen Beitrag von Hopp über die Errichtung des Neubaus am Hansaring, der zu dieser Zeit Adolf-Hitler.Platz hieß. Hopp beschäftigt sich in diesem Artikel vor allem mit den Schwierigkeiten, die notwendige Schalldämmung fachgerecht auszuführen. "Die Anforderungen an die Hörsamkeit der Senderäume und Konzertsäle stellen dem Raumgestalter Bedingungen, die sich zunächst in Gegensatz zu seinen baukünstlerischen Wünschen stellen. Bei bisherigen Aufgaben dieser Art hat man stets versucht, diesen Gegensatz zwischen Wunsch und Aufgabe dadurch zu überwinden, daß man die raumschalltechnischen Notwendigkeiten in bewährte Bauformen ... übersetzte ..." Hopp versuchte nun, diesen Umweg zu vermeiden und den "schalltechnischen Belangen unmittelbaren Ausdruck zu geben. Wenn die ,bizarren Formen als Einzelheiten schalltechnischer Überlegungen glaubhaft in Erscheinung treten, dann wäre das erstrebte Ziel erreicht ..." Fotos illustrieren die faszinierenden Lösungen, die immerhin schon bald 70 Jahre alt werden. Peter van Lohuizen
Senderaum II im Oraghaus: Dämpfungswand gegenüber dem Orchesterteil. Auf diesem Foto erkennt man gut die eingesetzten Mittel zur Schalldämpfung
Königsberg: Das Ostmarken-Rund-funk-Haus am Hansaring, entworfen von Kurt Frick, Hans Hopp und Georg Lucas
Fotos (2) aus "Monatshefte für Baukunst und Städtebau", XVIII. Jahrgang 1934, Bauwelt Ver-lag, Berli |
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