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Zurück zur DDR?

 
     
 
Daß der Fraktions- und Parteivorsitzende der sächsischen PDS, Porsch, Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit war, geht aus der bekanntgewordenen Aktenlage klar hervor. Ob er dies abstreitet oder zugibt, ist ohne Belang. Daß er mit Schreibverbotsdrohungen an Journalisten herumfuchtelt und sich in die üblichen Vokabeln flüchtet (nichts gewußt / abgeschöpft / unwissentlich / niemandem geschadet), ist das normale Rechtfertigungsritual eines aufgeflogenen Spitzels.

Doch könnte es Porsch viel einfacher haben - dann nämlich, wenn die PDS den Fall zum Anlaß nähme, sich so, wie dies Frau Wagenknecht schon lange tut, wieder offen zur DDR, zur SED und ihren bewaffneten Organen sowie zur Diktatur des Proletariats
zu bekennen. Sie könnte ihre Entschuldigung für die Untaten der SED zurücknehmen. Sie könnte es zu ihrem Ziel erklären, den "antifaschistischen Schutzwall" wieder aufzustellen, um die Abwanderung zu unterbinden; die klassenbewußteren unter den Bürgern wieder durch Sonderversorgungssysteme auszuzeichnen - und schließlich: zum Schutz dieser politischen Errungenschaften das MfS wieder zu errichten.

Nie waren die Zeiten für solche Ziele günstiger: Die einstige Rolle des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR ist vielen nicht mehr erinnerlich. Stasi-Mitarbeit wird bagatellisiert, romantisiert oder gar heroisiert. Verbrechen, begangen für die DDR, gelten - vergleicht man sie mit Kapitalverbrechen wie der unberechtigten Nutzung eines Dienstfahrzeugs für private Zwecke - als Bagatellen. Über die wirkliche DDR ist dichtes rotes Gras aus Legenden gewachsen, das sie aus der Ferne als Leuchtturm von Wohlfahrt und Vollbeschäftigung erscheinen läßt.

Das Wichtigste aber ist: Man hat den dialektisch nicht geschulten und daher dumm in die Falle getapsten BRD-Staat mit Erfolg dazu verleitet, mehr als eine Billion Euro einzusetzen, um die Infrastruktur Ost so weit auf Vordermann zu bringen, daß man wieder von der Substanz leben könnte. Jahrzehnte hätte man Zeit, um den Osten wieder so herunterzulumpern, wie es die SED getan hat. Befreundete Parteien für solche Ziele fände man. Der Protestkoalitionär NPD wirbt schon mit dem Slogan: "Grenzen dicht!" Und was kann den Freunden von Attac ein einleuchtenderes Mittel gegen die Globalisierung sein als die Abriegelung von der Welt durch eine Mauer?

Der Öffentlichkeit einen solchen Weg einzuflüstern dürfte nicht aussichtslos sein. Die Renaissance der DDR in den Köpfen der Ostdeutschen zeigt ja, daß es dem Brandstifter gelungen ist, den Hauptzorn der Abgebrannten auf die Feuerwehr zu lenken, weil diese beim Löschen über die Beete trampelte. Nicht den Verursachern des Abstands zwischen West und Ost, wie er bis 1989 entstanden ist, sondern denen, die um seine Überwindung ringen, hat die PDS, wie die Umfragen zeigen, mit Erfolg den schwarzen Peter zugesteckt. Sie selbst ist in den Augen der Öffentlichkeit nahezu vollständig aus der Verantwortung für die Vergangenheit entlassen. Nicht das Versagen der SED habe die Misere Ostdeutschlands verursacht, meinen heute die Wähler der PDS, sondern die CDU und SPD, in die das Großkapital wie in einen schwarzen und einen roten Handschuh hineingeschlüpft ist, um den ostdeutschen Werktätigen den Hals zuzudrücken. Die demokratischen Parteien sind aus Konfrontationsscheu dieser Ansicht nur unzureichend entgegengetreten.

Eine PDS mit dem offen vorgetragenen Ziel "Zurück zur DDR" wäre nicht nur für den armen Porsch eine Erlösung, sondern könnte auch die PDS aus ihrer - jetzt vielfach im Überschwang der Anti-Hartz-Woge übersehenen - Erklärungsnot befreien: zu sagen, welche Konzepte sie im geltenden Verfassungsrahmen hätte, uns aus den wirtschaftlichen und sozialen Problemen herauszuführen, und wo ihre Ar-

beitsplätze herkommen würden. Beim "Zurück zur DDR" müßte ein geltender Verfassungsrahmen nicht mehr beachtet werden. Ränge die PDS sich zu diesen Positionen durch, dann müßte sich Porsch nicht mehr winden. Er könnte sich offen zu dem bekennen, was einmal war, und seiner alten Überzeugung wieder ungeniert folgen. Die früheren Distanzierungen der PDS von den Menschenrechtsverletzungen ihrer Erblasserin SED wären dann allerdings als Lügen überführt. Aber das hätte keine Bedeutung mehr; denn sobald die DDR wiederhergestellt ist, entscheidet allein die PDS, was Lüge und was Wahrheit ist. Wenn die PDS das Ziel "Zurück zur DDR" aber verschmäht und ihre Distanzierung von den Methoden der SED tatsächlich ernst gemeint war, dann muß sich die PDS von diesem Spitzenkandidaten trennen.

Grüne und SPD sollten erklären, ob ihre Meinung von 1991 noch gilt, wonach Stasi-Spitzeltätigkeit mit einem sächsischen Landtagsmandat unvereinbar sei. Dann wäre es wohl nicht zu viel verlangt, daß die Listenführer Jurk und Hermenau die Wähler einmal wissen lassen, ob sie beabsichtigen, mit einer Porsch-geführten PDS zu koalieren oder gar unter einem Ministerpräsidenten Porsch einer sächsischen Regierung anzugehören. Arnold Vaatz

Aus: Die Welt, mit freundlicher Genehmigung des Autors Arnold Vaatz (CDU), ehemaliger DDR-Bürgerrechtler in Dresden, von 1992 bis 1998 Umweltminister in Sachsen und derzeit Abgeordneter des Deutschen Bundestages

Auferstanden aus Ruinen: Inzwischen wurden mit über einer Billion Euro Steuergeldern und Spenden die Infrakstruktur und die Städte im Osten dem Westen angepaßt, doch das Denken der Menschen sowie ihr Sein sind von einer Anpassung noch weit entfernt. Dies macht sich die PDS zunutze. /font>

 
     
     
 
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