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Der Vorwurf lautet nicht, daß Albert II. pädophil sei. Aber was ich behaupte und anhand von Polizeiakten beweisen kann, ist, daß Prinz Albert in den Jahren 1980 bis 1982 bei Sexpartys anwesend war. Und bei diesen Partys wurden - laut Polizei- und Justizakten - auch Kinder eingeschleust. Das heißt, da hatten auch Leute mit Kindern Sex. Ob der Prinz sich daran beteiligt hat, weiß ich nicht ...“, aber seine „Anwesenheit bei diesen Sexpartys brachte mit sich, daß man niemals gegen diese Leute vorgehen konnte“. Schlechte Zeiten für Belgien, das ganz im Zeichen eines demnächst dort und in Frankreich im angesehenen Pariser Flammarion-Verlages verlegten Buches „Akte Pädophilie - Der Skandal der Dutroux-Affäre“ des Luxemburger
Enthüllungsjournalisten Jean Nicolas steht.

Über die Echtheit der Aussagen des Jean Nicolas kann es kaum mehr Zweifel geben. Schon daß Vorveröffentlichungen kein übermäßig breites Presseecho fanden, ist als ein Zeichen dafür zu werten, daß Interessierte kaum die Neigung besitzen, ihre tatsächlichen privaten oder finanziellen Verhältnisse zu offenbaren. Der schöne Schein der Regenbogenpresse wird immer da ausgeblendet, wo die tristen Grautöne finanzieller oder politischer (Miß-) Herrschaft jener Kreise durchschlagen. Wie erinnerlich, läuft seit Jahren unter empörter Anteilnahme flämischer und wallonischer Volksteile Belgiens eine immer wieder von höchsten Regierungskreisen verschleppte Ermittlungsaktion gegen Politiker mit pädophilen Neigungen. Nicolas sieht es nach Kenntnis der Polizeiakten, die er sich von offenbar an Aufklärung interessierten Polizeioffizieren ausleihen und kopieren konnte, als erwiesen an, daß die damalige Anwesenheit von König Albert II. die Ermittlungen stört. Betroffene Pädophile könnten während eines Prozesses fragen: „Warum werde ich verfolgt und nicht der König?“.

Keine Erleichterung also für den krisengeschüttelten Staat, der seine Existenz dem Sicherheitsbedürfnis der einstigen Weltmacht Großbritannien verdankt, nachdem unter dem Eindruck der französischen Juli-Revolution von 1830 das aus den holländischen Generalstaaten und den brabantischen und flandrischen Provinzen gebildete Königreich der Vereinigten Niederlande auseinanderbrach. Vier europäische Großmächte folgten der britischen Anregung und proklamierten in London ein für alle Zeiten neutrales und mit festen Grenzen versehenes „Belgien“. Die Verwerfungen, die der Zusammenschluß so unterschiedlicher Volksteile wie Flamen und Wallonen mit sich brachte, dauern wie andere Volkstumskämpfe auch heute noch an und führen immer wieder auch zu Überlegungen, Belgien in dieser Form zugunsten eines jeweils souveränen flämischen und eines wallonischen Staates aufzulösen. Da mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch das weithin entmachtete Britannien kaum noch die alte Festlandspolitik zu betreiben vermag, wäre eine Neugründung schon längst erfolgt, wenn dadurch nicht andere Volkstumskämpfe ermutigt worden wären. Hier decken sich neue europäische Konzeptionen mit denen alter britischer Pläne, die auch die seit 1919 Belgien (mit seinen auf „ewig“ festen Grenzen) zugeschlagenen Deutschen von Eupen und Malmedy betreffen. Obschon sie im Vergleich zu Polen und der Tschechei einen relativ großzügig gehandhabten Minderheitenschutz in Anspruch nehmen könnten, würden bei einer Rückteilung von Flamen und Wallonen die Deutschen an die Bundesrepublik angeschlossen werden, was zu erheblichen Verwerfungen in Luxemburg, im Elsaß und vielleicht auch noch in Lothringen führen könnte. Es ist dies aber noch ein keineswegs abgeschlossenes Kapitel, das aber vielleicht seine Fortsetzung in einem immer wieder aufbrechenden Regionalismus findet, der seine Anziehungskraft nicht nur aus ethnischen Quellen, sondern auch aus antizentralistischen Tendenzen speist. Einher mit dieser Entwicklung geht auch die stark divergierende wirtschaftliche Entwicklung zwischen Flamen und Wallonen, was schon während des Ersten Weltkrieges dazu führte, daß die Flamen den Aufstand probten. Noch heute kündet ein Denkmal in Dixmuiden davon. Erst als Belgien in den Bann des Zweiten Weltkrieges geriet, vermochte das belgische Königshaus, das anders als das niederländische nicht emigriert war, Reputation in der Bevölkerung finden, die sich freilich in den letzten Jahren wieder verlor.

Es könnte daher sein, wie Jean Nicolas vermutet, daß nicht nur wegen dieser gehäuften Sex-Skandale König Albert II. aus „gesundheitlichen Gründen“ noch in diesem Jahr zurücktritt und Prinz Philipp nachrückt. Vielleicht schlagen die Enthüllungswellen auch bis an deutsche Türen. Auf die Frage der „Welt am Sonntag“ an den Autor Jean Nicolas, ob dieses kriminelle pädophile Netzwerk auch bis nach Deutschland reiche, antwortete er: „In Dutroux’ Unterlagen habe ich viele europäische Telefonnummern gefunden. Auch aus Deutschland. Zum Beispiel aus Bayern und dem Saarland.“

 
     
     
 
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