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Alles Zucker oder was?

 
     
 
Was gibt es Köstlicheres an heißen Sommertagen als ein kühles Eis? Vergessen wir einmal für einige Minuten die kleine Sünde, vergessen wir den Zucker in dieser Köstlichkeit, vergessen wir den Angriff auf die gute Linie. "Ein bißchen Spaß muß sein", heißt es in einem alten Schlager. Ein bißchen Zucker darf sein, haben Ernährungswissenschaftler inzwischen erkannt. Unsere Vorfahren hätten sich über unsere "Angst" vor Zucker gewundert, galt doch der weiße Stoff einst als besonders kostbare Köstlichkeit. Fürsten widmeten gar ganze Festbankette dem Zucker und den schönen Dingen, die Künstler daraus zauberten.

Der Apotheker und Chemiker
Andreas Sigismund Marggraf war es, der 1747 in Berlin den Zucker in der Rübe entdeckte. Er untersuchte den weißen Mangold (Runkelrübe), die Zuckerwurzel und die rote Rübe. Mittels Alkohol zog er den Zucker aus den Rüben, ein Verfahren, das allerdings für die industrielle Verwertung nicht in Frage kam, war es doch zu kostspielig. Marggraf war übrigens der erste, der das Mikroskop bei chemischen Untersuchungen verwendete. Er erkannte auch, daß Rübenzucker dem sonst verwendeten teuren Rohrzucker, der aus den Kolonien kam, durchaus ebenbürtig war.

Schüler und unbezahlter Gehilfe von Marggraf war später der 1753 in Berlin als Nachkomme von Hugenotten geborene Franz Carl Achard. Bereits mit 21 Jahren wurde er 1774 als Ehrenmitglied in die "Naturforschende Gesellschaft in Berlin" aufgenommen. Zwei Jahre später berief ihn Friedrich der Große in Anerkennung seiner Leistungen zum Ordentlichen Mitglied der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Dort hielt Achard Vorlesungen über Chemie und Experimentalphysik.

Als sein Lehrer Marggraf 1782 starb, wurde Achard zu dessen Nachfolger als Direktor der Physikalischen Klasse der Königlich-Preußischen Akademie berufen. Im gleichen Jahr erwarb er ein kleines Gut in Kaulsdorf bei Berlin, wo er begann, "Zucker aus europäischen Pflanzen mit Vorteil zu gewinnen". Ein Brand zerstörte 1786 das Gut und Achard setzte ab 1792 seine Versuche in Französisch Buchholz bei Berlin fort.

Erst 1799 ersuchte Achard König Friedrich Wilhelm III. um ein Darlehen zur weiteren Erforschung des Rübenanbaus. Der König gewährte Achard 50.000 Taler, eine ansehnliche Summe, mit der das Gut Cunern im schlesischen Kreis Wohlau erworben werden konnte. Dort errichtete Achard 1801 eine Zuckerfabrik und erntete noch im selben Jahr 250 Tonnen Zuckerrüben. Im März 1802 verarbeitete er die Rüben zu Zucker - die erste Rübenzuckerfabrik nahm ihren Betrieb auf. Die sogenannte "Kontinentalsperre" Napoleons I. begünstigte auch noch den Anbau heimischer Zuckerrüben, kam doch in dieser Zeit kaum noch Rohrzucker aus den Kolonien. In Berlin war es auch, daß Carl Scheibler 1867 ein Forschungs- und Ausbildungslabor einrichtete, das sich bald zum Zentrallaboratorium der deutschen Zuckerindustrie entwickelte und nun seit 100 Jahren unter der Bezeichnung "Institut für Zuckerindustrie" weltweite Anerkennung findet. Zugleich wurde im Haus in der Amrumer Straße 32 ein Zucker-Museum eröffnet. Seit 1995 gehört es nun zum Deutschen Technikmuseum Berlin. Mit einigen exquisiten Ausstellungsstücken wird dort die Geschichte des Zuckers dargestellt. Viele Bilder und Dokumente erzählen von Zuckerrohr und Zuckerrübe; silberne Zuckerlöffel oder die hölzerne Zuckerrohrmühle, Rübenhacke oder Kandiskristalle machen neugierig auf die wirtschaftliche und kulturelle Rolle des süßen Stoffs. Eine umfangreiche Bibliothek steht nicht nur Schülern und Lehrern zur Verfügung, die das Zucker-Museum in Berlin gern als außerschulische Lehrstätte nutzen. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9-16.30 Uhr, Sonntag 11-18 Uhr.

Ein Vergnügen für das Auge bietet derzeit eine Ausstellung im Kreismuseum Prinzeßhof, Kirchenstraße 20, 25524 Itzehoe. "Alles Zucker ...!?" fragt man dort noch bis zum 8. August (täglich außer montags von 10-12 Uhr und von 15-17.30 Uhr). Vom Luxusgut bis zur Alltagsware führt die Bildungsreise durch die Kulturgeschichte des Zuckers, der auch in Itzehoe in einer, inzwischen allerdings abgerissenen Zuckerfabrik raffiniert wurde.

Clou der Ausstellung sind zweifellos die kleinen Kunstwerke aus Zucker, wie etwa ein Modell des Prinzeßhofs, aber auch alte Dosen, in denen die süße Köstlichkeit in Form von Schokolade oder Bonbons verwahrt wurde. Ob Sarotti-Mohr oder Cadbury-Schokolade, ob Lakritz oder Limonade, ob Marzipan oder Marmelade - ohne Zucker geht gar nichts. Peter van Lohuizen

 

Sie spenden den süßen Stoff, aus dem nicht nur Kinderträume sind: Zucker aus der Runkelrübe löste schon im 18. Jahrhundert den Rohrzucker ab. /p> Süßes Kunstwerk: Ganz aus Zucker schuf Corinna Jansen den Itzehoer Prinzeßhof, derzeit Schauplatz einer Ausstellung über dieses süße Lebensmittel. Foto: Museum / Michael Ruff

 
     
     
 
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