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Wer ein anderes Urteil gegen Saddam Hussein auf der Rechnung hatte als die Höchststrafe, ist nicht von dieser Welt. Es gibt zu viele Zeugen und Belege für die grausame Herrschaft des Diktators und seines Baath-Klans, als daß noch Zweifel an seiner Schuld naheliegen könnten. Unser fester Glaube, daß Menschen niemanden zu Tode richten dürfen, verwirft also nur das Strafmaß im Saddam-Prozeß, die Hinrichtung am Strang. Es reichte, ihn im Kerker zu halten.
Offen bleibt, was dieses Urteil mit seiner für Ende Dezember zu erwartenden Vollstreckung bewirken wird - vermutlich nur das, was die Menschen ohnehin immer wieder erfahren müssen: Wenn Diktatoren fallen und Sieger Recht sprechen, kann das Volk noch lange keinen Frieden machen.
Die Menschen erwarten etwas anderes als die blutige Entschlossenheit der Gerichte an den alten Inhabern der Macht. Den Opfern des Unrechts hilft der Versuch eines Ausgleich oder wenigstens die Anerkennung ihrer Leiden. Das gilt nach dem Sturz von Gewaltherrschern im Irak, auf dem Balkan. Und natürlich gilt es auch in Deutschland für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, für alle Menschen, die unter den Folgen des Kriegs und der Gewaltherrschaft gelitten haben und leiden.
Nur einmal in der Geschichte der Zivilisation sind die Betroffenen dem Gefühl ein Stück näher gekommen, wie sie Gerechtigkeit erfahren können - in Südafrika nach dem Sturz des Apartheid-Regimes. Man hatte sich entschlossen, lieber den Opfern zuzuhören, als die Täter zum Schweigen zu bringen. Die Versöhnungskomitees in Kapstadt und Johannesburg waren alles andere als vollkommen, aber immer noch die beste Anklage gegen Diktaturen. |
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