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Dabei hatten die Richter eigentlich ein dickes Faß für die Familien aufgemacht: In ihrer sensationellen Entscheidung stellten sie fest, daß Alleinerziehende und Geschiedene bei der Steuer gegenüber normalen Familien bevorzugt werden. Allein diese Feststellung kommt schon einer Kehrtwende in der offiziellen Betrachtung der Keimzelle des Staates gleich. Bisher galten Alleinerziehende oder Geschiedene mit Kindern fast schon als der Normalfall, denn jede dritte Ehe wird geschieden.
Rotgrün will jedoch ein weiteres Stück der Welt auf den Kopf stellen: Homosexuelle Lebensgemeinschaften sollen sich beim Standesamt als eingetragene Partnerschaft registrieren lassen können. Und um das böse Spiel weiterzutreiben, wollen SPD und Grüne das steuerliche Splitting einschränken, wodurch gerade die Familien finanziell entschädigt werden, in denen sich die Frau nur um die Kindererziehung kümmert und nicht arbeiten geht.
Das Karlsruher Verfassungsgericht erinnerte SPD und Grüne jedoch an den Artikel 6 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt. Daraus folge, daß andere Formen des Zusammenlebens oder das Alleinerziehen steuerlich nicht bevorzugt werden dürfen. Besonders stießen sich die Richter an zwei Vorschriften des Einkommensteuergesetzes: Alleinerziehenden wird ein Haushaltsfreibetrag von 5612 Mark jährlich bei der Steuer eingeräumt. Und Alleinerziehende, die Betreuungskosten geltend machen, zum Beispiel für Kindergarten oder Nachhilfeunterricht, können diese bis 4000 Mark ( erstes Kind) im Jahr dem Finanzamt in Rechnung stellen.
Das Gericht ordnete an, daß selbst ohne Gesetzesänderungen ab 2000 jede Familie die Betreuungskosten geltend machen darf. Auch den Haushaltsfreibetrag können alle Familien ab 2002 in Anspruch nehmen. Lafontaine kam auf 22 Mrd. Mark Steuerausfall pro Jahr, Bayerns Finanzminister Kurt Falthauser kam auf mindestens 35 Mrd. Mark, weil die Karlsruher Richter erstmals auch Erziehungskosten im weiteren Sinne (Klavierunterricht, Sportkurse, Skifreizeiten) für steuerlich absetzbar erklärten. Würde die Bundesregierung das Urteil buchstabengetreu umsetzen, käme eine wirksame steuerliche Entlastung zustande. Der von Lafontaine immer wieder angeführte verheiratete Verdiener mit 60 000 Mark zu versteuerndem Jahreseinkommen und einem Kind wäre bis 2000 um 1156 Mark im Jahr zu entlasten.
Doch der Finanzminister rudert bereits zurück: Man müsse erst einmal nachrechnen, ob das Urteil überhaupt 22 Milliarden koste. Das könnte bedeuten, daß der Saar-Napoleon bereits erfolgte Erhöhungen des Kindergeldes und angekündigte weitere Verbesserungen einfach auf das Urteil anrechnen will. Diese Klaviatur beherrschte schon die Regierung Kohl perfekt. Sie erhöhte das Kindergeld und strich allen Empfängern der höheren Leistung im Gegenzug den steuerlichen Kinderfreibetrag. Die Nettoentlastung hielt sich in Grenzen, der Gürtel der Familien blieb eng geschnallt.
Doch schon Lafontaines Haushaltszahlen für 1999 zeigen, daß er den Sprung zur Familienförderung nicht wagen wird. Der Ausgabenzuwachs ist mit 6,8 Prozent geradezu inflationär. Die Neuverschuldung wird nur durch Umbuchungen geregelt. Steuern will Lafontaine nicht erhöhen. Richtig. Aber er spart nicht, um Spielraum für die Familien zu bekommen. Er macht noch mehr Schulden, die die nächste Generation berappen muß.
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