Auf See

Selbst maritim wenig interessierte Mitteldeutsche haben schon mal etwas vom ehemaligen FDGB-Ferienschiff "Völkerfreundschaft" gehört.

Einer der früheren Kapitäne der "Völkerfreundschaft", Gerd Peters, der vielen Mitteldeutschen auch noch durch Fernsehsendungen wie "Logbuch der Seefahrt" und "Musik und Snacks vom Hafen" in Erinnerung geblieben ist, hat nun eine wahrhaft umfassende Geschichte der verschiedenen von der DDR betriebe

nen Passagierschiffe geschrieben.

Im Mittelpunkt steht die 1960 von der DDR-Handelsmarine übernommene "Völkerfreundschaft".

Es war ein Schiff mit "Vergangenheit". Von 1948 bis 1959 war es für die schwedische Handelsmarine als "Stockholm" in Fahrt gewesen, und 1956 rammte es vor der US-amerikanischen Küste die "Andrea Doria".

Als "Völkerfreundschaft" erregte das Schiff auch später noch öffentliche Aufmerksamkeit. Bei Kubakrise, Mauerbau und Kaltem Krieg spielte es jeweils seine Rolle. Flüchtlinge konnten mit ihrer unfreiwilligen "Hilfe" nach 1961 die DDR verlassen. Anhand einer Übersicht im Anhang wird die Kontinuität zwischen dem FDGB-Feriendienst und der NS-Organisation "Kraft durch Freunde" deutlich, auch wenn der Autor versucht, gerade das zu bestreiten.

Kein Wunder: Adolf Zinn, erster Kapitän des DDR-Ferienschiffes war seit 1935 Parteimitglied der NSDAP.

Die MS "Völkerfreundschaft" wurde von 1960 bis 1970 zum Ziel der Urlaubssehnsüchte der Mitteldeutschen, lief aber ab 1961 fast nur noch Häfen des "sozialistischen" Auslandes an.

So gingen viele Reisen nach Kuba, Warna und Constanza, wo ein Hauch der großen weiten Welt wehte. Walter Ulbricht und andere Würdenträger des Regimes besuchten das Schiff oder fuhren auf ihm.

In den 70er Jahren wurde der Dampfer zunehmend zur Devisenbeschaffung eingesetzt und ging mit Passagieren aus dem "kapitalistischen" Ausland auf Tour. 1985 trennte sich die Reederei aus Kostengründen von der "Völkerfreundschaft". Ihren Platz in der DDR-Handelsflotte nahm das vormalige ZDF-Traumschiff "Astor" nun unter dem Namen "Arkona" ein.

Peters Buch beleuchtet nicht nur ein Stück Marinehistorie, sondern auch einen teilweise tragischen Teilaspekt gesamtdeutscher Geschichte. Hans Lodi

Gerd Peters: "Vom Urlauberschiff zum Luxusliner", Köhlers, Hamburg 2005, 335 Seiten, Verlagsgesellschaft, 39,90 Euro