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Daß Brüsseler Eurokraten die Eigenschaften von Bananen genormt haben, mag man mit dem Spott abtun, die EU-Kommission habe schon Schlimmeres angestellt. Selbst mit der Normung von Bananen war das Ende der Fahnenstange jedoch nicht erreicht: Die EU schrieb Einfuhrquoten vor, die wegen geringerer Mengen in Deutschland zu Preissteigerungen durch Verknappung um ein Viertel führten. Um die Banane entbrannte nunmehr ein Handelsstreit zwischen Europa und den USA. Washington will die Abschottung des Marktes nicht hinnehmen und droht mit Strafzöllen. Wir Deutsche sind doppelt betroffen: Es gibt weniger Bananen, und die Strafzölle könnten die Wirtschaft sechs Milliarden Mark Umsatz kosten. 20 000 Arbeitsplätze sind bedroht.
Die Gründe für den "Bananenkrieg" liegen in der kolonialen Vergangenheit insbesondere Frankreichs und Großbritanniens. Auch Spanien (Bananenanbau auf den Kanaren), Portugal (Madeira) und Griechenland (Kreta) sind daran interessiert, den Absatz ihrer minderwertigeren Früchte zu schützen und die Einfuhr der Bananen aus Südamerika zu erschweren. Briten und Franzosen haben entweder noch eigenen Überseebesitz mit Bananenanbau oder wollen ehemaligen Kolonien die Absatzmärkte erhalten.
Die Brüsseler "Marktordnung für Bananen" von 1993 hatte für uns katastrophale Auswirkungen: "Uns wurden die bisherigen Einfuhrmengen von etwa 2,4 Millionen Tonnen auf 1,33 Millionen Tonnen gekürzt, was einer Reduzierung auf 53 Prozent des bisherigen Volumens entspricht", beklagte Bernd Wessels, Deutschlands größter Bananenimporteur.
Die deutsche Regierung hatte während der Verhandlungen in Brüssel um die "Marktordnung" eine mehr als blamable Rolle gespielt. Dem größten Nettozahler europäischer Beiträge war es nicht gelungen, die Einfuhrmengen der Lieblingsfrucht der Bundesbürger stabil zu halten. Kanzler Kohl beugte sich schließlich wieder einmal dem Druck aus Paris und London. Ein nach heftigen öffentlichen Protesten angestrengtes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ging verloren. Kenner der europäischen Szene berichten schon seit langem, daß die Luxemburger Richter keine Anhänger des freien Welthandels sind. Sie huldigen vielmehr dem jahrhundertealten französischen Merkantilismus: möglichst viel ausführen und Importe durch hohe Zölle weitgehend verhindern.
Die USA gehen seit Jahren gegen diese "planwirtschaftliche Politik" (Wessels) der von Frankreich dominierten Eurokraten vor. Mehrfach führten sie Klage über das Welthandelsabkommen und die internationale Zollorganisation GATT. Jedesmal bekamen die Amerikaner recht. Doch Brüssel sah keinerlei Veranlassung nachzugeben. Die europäische Integration mit ihrer Abschottung nach außen werde dem Welthandelsabkommen "den offiziellen Totenschein ausstellen", empörte sich der US-Wirtschaftswissenschaftler Lester Thurow.
Jetzt riß den Amerikanern der Geduldsfaden. Sie kündigten hohe Strafzölle (zum Teil Verdoppelung des Preises) für europäische Waren an, um Brüssel zum Nachgeben zu zwingen. Ab März nächsten Jahres sollen Käse, Wein, Textilien, aber auch Spielwaren, Haushaltsgeräte und Autozubehör mit Strafzöllen belegt werden. Der Bonner Bundesverband des Groß- und Außenhandels stellt lakonisch fest: "Die Amerikaner haben recht."
Die USA sind zwar selbst kein Bananenexporteur, doch auf dem Weltmarkt sind amerikanische Fruchthändler führend. Zwar sollen die US-Strafzölle in erster Linie französische Weine treffen, weshalb auf der Liste zudem noch Käse und Champagner stehen. Doch im Nahrungsmittel- und Konsumexport sind auch deutsche Firmen stark engagiert: "In diesem Warenbereich haben die deutschen Ausfuhren in die USA einen Anteil von acht Prozent. Das entspricht einem Exportvolumen von sechs Milliarden Mark", berichtet Außenhandelspräsident Michael Fuchs.
Fuchs forderte die Brüsseler Kommissare auf, im Bananenstreit einzulenken und die Einfuhrbeschränkungen weitgehend aufzuheben. Doch daran wird in der EU-Zentrale nicht gedacht. Außenhandelskommissar Leon Brittan warf den Amerikanern vor, mit ihrer Androhung von Strafzöllen zum "Gesetz des Dschungels" zurückkehren zu wollen. Auch Kommissionspräsident Jacques Santer drohte in einem Brief an US-Präsident Bill Clinton Gegenmaßnahmen an.
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