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Bitte sehr Bitte gleich

 
     
 
Bitte sehr!" Oberkellner Fred weist mit wichtiger Miene der fünfköpfigen Familie aus Düsseldorf den Tisch am Fenster zu. Lohnkellner Leopolds hinzugesetztes "Bitte gleich!" aus dem legendären Bühnenstück "Im Weißen Rössl" und seinen Verfilmungen schwingt dabei unausgesprochen mit. Äußern braucht es Fred nicht. Ein Blick, eine Handbewegung, im Extremfall ein ruhiges Wort genügen, und die vielen dienstbaren Geister verrichten ihre Arbeit unter Freds professionelle
m Auge prompt, zuvorkommend und immer verbindlich lächelnd. Perfekter Service mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt.

Gut 75 Jahre ist es her, daß Ralph Benatzkys Singspiel "Im Weißen Rössl" - heute sagt man Musical - am 8. November 1930 in Berlin Uraufführung feierte und auf Anhieb umjubelte Aufführungsserien auf Bühnen bis zum Broadway, vom Londoner Westend bis Paris hinlegte. Seitdem ist das Vier-Sterne-Roman-tikhotel Treffpunkt von Gästen aus der ganzen Welt. Allein im Jahr 2004 verzeichneten die Anmeldungen 127 verschiedene Nationen. Ein Viertel kam aus Deutschland, ein Viertel aus Österreich, ein Achtel aus Großbritannien und drei Achtel vom Rest unseres Globus. Weitaus älter als der Weltruhm ist die 1912 begründete Stammgäste-Kartei. Wer dreimal an den Wolfgangsee gekommen ist, findet sich dort wieder. Das Verzeichnis zählt 1800 Namen. Doch wie sie heißen, das erfährt man nicht.

Das "Weiße Rössl", bis heute Bühnenliebling, ist selbst nie zur Bühne geworden. Im Gegenteil. Senior-Chef Helmut Peter erläutert die Philosophie des Hauses: "Bei uns gibt es keine Gäste 1. bis 12. Klasse, wie ich es bei meiner Ausbildung in einem Schweizer Hotel kennengelernt habe. Damals habe ich mir geschworen, wenn du selbst Hotelier bist, machst du das ganz anders. Wir mögen alle Gäste und wissen, daß kein Mensch mehr als Gast sein kann." Ein Gast allerdings entzieht sich der Anonymität. Unübersehbar grüßt er vom Foto, gibt dem gemütlichen Souterrain-Stüberl seinen Namen: Ralph Benatzky (1884-1957). Der Komponist stieg ab 1947 / 48 jedes Jahr im "Weißen Rössl" ab. Die Nostalgiepflege hat den Zeitgeist nicht ausgespart. Von 1992 bis 2005 wurde das Hotel komplett umgebaut. Seine Patina, seinen urösterreichischen Charme, seine Gastfreundschaft und Gemütlichkeit verloren hat der traditionsreiche Familienbetrieb dabei nicht.

"Die Hierarchien sind flach in unserem Haus", verrät Helmut Peter. "Glauben Sie ja nicht, daß ich etwa Frau Anni, Frau Monika und Frau Michaela beim Frühstücksbüffet reinreden könnte." Gut so, denkt der Gast. Denn wenn im "Weißen Rössl" doch etwas aufs Podest gehoben wird, so ist es das Frühstücksbüffet. Drei Stufen sind zu der nicht nur einmalig großen, sondern auch immer neuen Auswahl zu erklimmen. Wie man Tag für Tag so viel Kreativität entfalten kann, bleibt das Geheimnis der drei Küchenfeen.

Partnerschaftlichkeit kennzeichnet die Personalführung. Was einfach klingt, scheint andernorts schwer umsetzbar. "Das soziale System hinter den Kulissen funktioniert", sagt Helmut Peter, "und so kommt es auch bei den Gästen an." 70 Mitarbeiter sind das ganze Jahr über im Unternehmen "Weisses Rössl" tätig, zu dem neben dem 135-Betten-Haus noch Ferienwohnungen und Läden gehören, 110 sind es in der Hochsaison. Kommen die Gäste wieder, können sie sicher sein, in die Gesichter vertrauter Menschen zu blicken. Herr Fred etwa ist schon über 20 Jahre dabei. Seine einzige Sorge war, wie er bis zum Rentenalter durchhalten soll. Die Kollegen schlugen eine verlängerte Mittagspause vor. So geht s eben auch.

Auch Senior-Chef Helmut Peter läßt sich seine launigen Führungen durch die benachbarte Wallfahrtskirche mit den herrlichen Flügelaltären von Michael Pacher (1481) und Thomas Schwanthaler (1676) nicht nehmen. Selbst nach zehn Jahren Paralleltätigkeit als Abgeordneter im Wiener Parlament ist ihm eines heilig: seinen Gästen Freude zu bereiten.

Vier-Sterne-Romantikhotel: Das "Weiße Rössl" ist Treffpunkt von Gästen aus aller Welt.
 
     
     
 
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